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Sees, sondern wieder auf der Pfalzgrafenburg bei Trier befand. Der Engel hielt um die Nachtherberge an und wurde von dem Grafen aufs freundlichste angenommen. Unter dem Nachtessen aber ermahnte der Engel den Grafen, daß er sich hinfort besser in Geduld schicken möge. Des Morgens, als der Graf weiter mit ihm reden wollte, war er nicht zu finden, hatte aber zum Danke seine Pilgerkleidung in der Kammer zurückgelassen.

Nun begab sich der Graf einst zur Höhle der Genovefa und fand daselbst einen Hirsch, welcher, wiewohl die Hunde gegen ihn bellten, dennoch ohne Furcht stehen blieb. Der Graf hielt dies für ein Wunder und ließ die Hunde einhalten, damit dem Wilde kein Leid geschähe. Er aber ging in die heilige Höhle, begoß dieselbe mit seinen Zähren und beschloß, hier ein einsiedlerisches Leben zu führen, wie seine Genovefa dort fünf Jahre und zwei Jahre in dem hohlen Baume bei Laach gethan hatte. Darauf betete er vor Genovefas Kruzifix. Da löste sich die rechte Hand von dem Kreuze ab und erteilte ihm den Segen.

Als der Pfalzgraf noch einmal auf sein Schloß kam, ordnete er alles an, wie er es nur bei seinem Tode hätte verordnen können. Er berief seinen Herrn Bruder zu sich und sagte ihm, daß dieser hinfort des lieben Schmerzenreich Vater sei und einstweilen regieren solle, bis dieser herangewachsen sei. Da sprach der liebe Schmerzenreich: „Liebster Herr Vater, meinet Ihr denn, daß Ihr den Himmel wollt für Euren Teil erwählen und wollt mir nur ein wenig Erde hinterlassen? Mein Herr Vater, das will ich nicht! Wo Ihr wollt leben, da will ich auch leben und wo Ihr wollt sterben, da will ich auch sterben. Schon sieben Jahre habe ich das Probierjahr ausgestanden, darum bleibe ich bei meiner Resolution, und wir leben und sterben zusammen da, wo ich von meiner heiligen Frau Mutter bin auferzogen worden. Euch, mein Herr Vetter, hinterlasse ich meine Grafschaft, daß Ihr sie frei beherrschen und den Armen Gutes thun sollet.“

Über[1] dieses Vorhaben verwunderten sich Vater und Vetter und umfingen beide das Kind mit herzlicher Liebe. Der Vater that die Pilgerkleidung an, welche ihm der Engel auf dem Pfalzgrafenschlosse bei Trier hinterlassen hatte, und ließ dem Schmerzenreich eben das gleiche Kleid anmessen. Darnach nahmen diese beiden ihren Abschied mit großem Trauern

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Üeber
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Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/180&oldid=- (Version vom 1.8.2018)