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auf den Schwanz, worauf er wie ein Pfeil in der Röhre verschwand, sie reinigte und am entgegengesetzten Ende mit dem Kopf zuerst wieder herauskam. Zuletzt wurde der Aal von den Ratsherren verspeist, wobei sie ihm aber kein Wasser, sondern nur Wein nachgegossen haben sollen. Denn die alten Andernacher wußten zu leben. Nicht umsonst hieß es in einer Andernacher Polizeiverordnung vom 29. November 1582: „Item verbeut Rhaidt das überflüssige Fressen und Saufen mit großen Potten und Glaseren Strich voll, in ein Soff aus, off Gesundheiter oder wie solches zugehe, geschehe oder Namen haben mag.“

Auch von Kruft, dem ältesten Dorfe dieser Gegend, ist manches Lustige zu erzählen. Die alten Krufter waren Leibeigene der Abtei Laach und hatten als solche besondere Rechte und Pflichten. Bei einem Aufgebote mußten sie das Kloster mit Wehr und Waffen schützen. Doch berichtet die Chronik bloß, daß sie einmal bei einem Überfalle davon gelaufen sind. Im Volksmunde werden die Krufter Sarazenen genannt. Bei manchen von ihnen will man orientalische Gesichtszüge bemerken. Man leitet die Sage daher, daß ein Graf Siegfried aus einem Kreuzzuge gefangene Sarazenen mitgebracht und hier seßhaft gemacht habe. Zur Erinnerung an die Kreuzzüge wallfahrteten die Bürger von Mayen alljährlich in Harnischen nach Frauenkirchen und stellten die Kreuzfahrer vor. Vor Frauenkirchen harrten ihrer die Krufter als Sarazenen gekleidet. Es entspann sich ein Scheingefecht, in welchem die Kreuzfahrer Sieger blieben. Nach der Schlacht zogen Sieger und Besiegte friedlich zusammen in die Kirche und wohnten dem Gottesdienste bei. Nach dem Gottesdienste aber ging es zum Trunke. Bei demselben aber kam es gewöhnlich noch zur Prügelei, wobei die Sarazenen trotz ihrer in der That nur sehr geringen Tapferkeit doch den Kreuzfahrern die Hiebe, die sie vor dem Kirchgange dem Herkommen gemäß hatten hinnehmen müssen, mit Zinsen zurückzugeben suchten.

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Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/148&oldid=- (Version vom 1.8.2018)