Seite:Proehle Rheinlands Sagen und Geschichten.djvu/124

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

so wisset denn: Rote Wangen und milde Worte, das ist mein ganzer Zauberkreis.

Ich selbst muß darin untergehen. Mir thut das Herz so wehe. Ich möchte vor Schmerzen sterben, wenn ich mein Bildnis erblicke.

Darum verschaffet mir mein Recht und lasset mich sterben wie eine Christin. Denn es muß alles verschwinden, weil mein Geliebter nicht mehr bei mir ist.“

Da ließ der Bischof drei Ritter herbeikommen und befahl ihnen: „Bringt sie in ein Kloster! Geh, Lore, und befiehl Deine bethörten Sinne dem Herrn im Himmel.

Bereite Dich immerhin zu Deiner Todesreise. Aber am Leben bleibst Du doch, der Weg geht nur in’s Kloster, nicht in’s Grab, Du sollst nur ein schwarzes und weißes Nönnchen werden.“

Alle die drei Ritter ritten nun zum Kloster und hatten die schöne Lore zwischen sich.

Aber die bat: „O Ritter, laßt mich auf diesen großen Felsen steigen. Ich will nur noch einmal nach meines Geliebten Schlosse hinschauen.

Nur noch einmal will ich blicken in den tiefen Rhein, dann will ich gern in’s Kloster gehen, um Gottes Jungfrau zu werden.“

Der Felsen ist so jäh, die Wand so steil, aber doch klomm sie empor, bis sie oben war.

„Da geht ein Schifflein auf dem Rhein,“ rief sie aus, „der in dem Schiff steht, der soll mein Liebster werden.

So fröhlich wird mir das Herz, mein Liebster muß er werden!“ Mit diesen Worten lehnt sie sich hinab und stürzt in den Rhein. – –

Wunderbar schön ist Heine’s Gedicht Lorelei. Sein Inhalt läßt sich nicht erzählen, die Worte verwandeln sich in Musik, nicht allein auf den Lippen des Sängers, sondern auch auf denen des Vorlesers.

So möge das Gedicht, das eine Sage kaum genannt werden kann, hier wörtlich Platz finden:

Ich weiß nicht, was soll das bedeuten,
Daß ich so traurig bin.
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/124&oldid=- (Version vom 1.8.2018)