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entsteht. Im Frühling hatten lange Zeit die Nachtfröste Schaden gethan, im Sommer aber hatte es fast täglich geregnet, das Getreide hatte sich gelagert und mußte an vielen Stellen wie Gras als Futter für das liebe Vieh abgemäht werden.

Die Obsternte der Mainzer und die Weinernte der Winzer war auch mißraten. Da holten die Kellermeister des Erzbischofs die alten Jahrgänge des Weins hervor, und das Volk hörte auf der Straße, daß es im erzbischöflichen Palaste alle Tage herrlich und in Freuden herging. „Hoch, hoch, Erzbischof Hatto!“ hörte man seine Gäste an brechenden Tafeln rufen. Und es war richtig, Erzbischof Hatto war ein vortrefflicher Wirt, nur ein Diener des Herrn nach dem Herzen Jesu war er nicht.

Vergebens versammelten sich die Hungernden um die Burg zu Mainz und schrieen nach Brot. Er ließ sie abweisen und als sie wieder kamen und nur verlangten, daß er das Korn zu einem billigeren Preise verkaufen solle, verweigerte er ihnen auch das. Endlich kam das Volk noch einmal wieder, wollte den vollen Preis entrichten und verlangte nur, daß ihm Teilzahlungen gestattet würden. „Erst Geld, dann Waare!“ rief aber der Bischof und dabei blieb er.

Aber das Volk kam immer wieder, selbst als Hatto die Leute durch bewaffnete Knechte hatte vom Schloßhofe treiben lassen.

Da gab der harte Mann einem Verwalter Befehl, die Leute in eine der Scheunen eintreten zu lassen, wo sie mit wahrer Gier etwas Korn auf der Tenne betrachteten. Sie ahnten nichts Schlimmes, als sich die Scheune gleich darauf wieder hinter ihnen schloß. Sie glaubten nur, daß sie etwas warten sollten, um einen günstigen Bescheid von dem Erzbischof zu erhalten oder wenigstens in Unterhandlungen mit demselben eintreten zu dürfen. Allein der Erzbischof hatte beschlossen, sich nun seiner Dränger ein für allemal zu entledigen. Er ließ die Scheune an vier Ecken anzünden.

Als nun die unglücklichen Opfer des Geizes und der Roheit des Bischofs ein Klagegeschrei erhoben, sagte dieser wohlgefällig zu seinen erschrockenen Gästen: „Hört nur, wie die Mäuse in der Scheune piepen!“ wie es denn in der That in einer wohlgefüllten Scheune nicht leicht an

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Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/107&oldid=- (Version vom 1.8.2018)