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Ehe er zu Hause noch seinen Hunger gestillt hatte, schickte er seine Tochter zum Kaufmann hinüber, um einen Himten zu holen, denn damit wollte er seine Schätze messen. Der Kaufmann sprach, den Himten kann ich euch nicht anvertrauen, ihr würdet ihn gleich an einen Bauern verkaufen, – was wollt ihr auch damit messen, da ihr nicht einmal Brod im Hause habt? „So habt Ihr nicht gesehen,“ antwortete das Mädchen, „daß mein Vater mit einem Sack voll Erbsen heimgekommen ist, die wir doch messen möchten?“ Da gab ihr der Kaufmann einen ganz alten Himten hin, den er selbst nicht mehr gebrauchen konnte, stellte sich aber während der Zeit in seine Thür und wollte Achtung geben, daß sie ihn nicht verkauften.

Bei dem Geldmessen wurde das Herz des Bauern sehr fröhlich und das seiner Kinder nicht minder, denn es waren seiner Schätze sehr viele an Kupfer, Silber, Gold und Edelgestein. Weil nun der Himten schon alt war und ein kleines Loch hatte, schob sich da ein Goldstück hinein und als einer es herausnehmen wollte, riefen Alle vor Übermuth: „Nein, laßt es stecken!“ Als das Mädchen den Himten wieder zum Kaufmann trug und diesen noch vor seiner Thür auf der Lauer stehen sah, rief es ihm zu: „O schämt Euch, daß Ihr uns nicht einmal dieses elende Gemäß anvertrauen wolltet, das mein Vater erst flicken mußte, eh’ er Erbsen damit messen konnte!“ Sogleich sah der Kaufmann nach der Ritze, die in dem Himten war, und staunte, als er ein Goldstück darin fand. „Behaltet es zum Dank,“ sagte das Mädchen lächelnd, als sie seine Verwunderung sah, „und hier habt Ihr noch eins, dafür gebt uns

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Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/142&oldid=- (Version vom 1.8.2018)