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hätte gewiß geglaubt, etwas Schöneres gäbe es nicht auf der ganzen Welt, denn schon Manchen hat das Gold auf Erden verblendet. Und so stand auch der Königssohn einen Augenblick wie geblendet vor den goldenen Frauenbildern, die mehr werth waren denn alle die Schätze seines Reichs, und die ihn anschauten, als würben sechs stolze Königstöchter um seine Gunst und jede wollte ihm ein ganzes Königreich zubringen mit ihrer kalten Hand.

In demselben Augenblicke aber öffnet sich auch eine andere Thür desselben Zimmers und durch diese tritt der König der Todten ein. Er führt die Hirtentochter am Arm und spricht zu dem jungen König: „Hier, o König, empfange zu den sechs goldenen Frauenbildern das siebente Frauenbild, und freue dich mit ihm, denn es ist viel schöner als sie.“ Da empfing der junge König seine Gattin aus der Hand des Königs der Todten und pries die Weisheit seines Vaters, weil er das lebende Frauenbild weit über die sechs goldenen gesetzt und ihm die sechs goldenen Bilder erst für die Zeit bestimmt hatte, wo er das lebende gefunden hatte. Nun heirathete er die Hirtentochter und nahm die sechs goldenen Frauenbilder als Hoffräulein mit zu Hofe.


13. Gevatter Tod.


Es ist einmal ein Mann gewesen, dessen Frau kommt nieder mit ihrem siebenten Kinde. Nun ist aber dieser Mann sehr arm gewesen, und deshalb hat keiner auf dem breiten Steine stehen und bei dem Kinde Gevatter sein wollen, und er hat nicht gewußt, wovon er die Kosten der Taufe bezahlen

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_054.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)