Seite:Proehle Kinder- und Volksmaerchen 039.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


lautes Freudengeschrei. Da steht auf einmal das Ungeheuer als die Jungfrau vor ihm, die ihn in die Burg gewinkt hat, und das war keine gewöhnliche Jungfrau, sondern eine Prinzessin von Geblüt, der gehörte die ganze verwünschte Burg, und die Burg ist ein Königsschloß gewesen, und die Schlangen waren ihre Dienerschaft, und die ganze Dienerschaft war nun auch erlöst. Das schäkerte alsbald in Küche und Speisekammer umher, und dazu erhob sich auf dem Herde bald ein behagliches Feuer, das briet einen Braten gar bedächtig auf beiden Seiten braun. Auf dem Thurme blies auf einmal der Thürmer die lustigsten Stücklein, denn der war nun auch mit erlöst. Jetzt hätte der Jüngling das Schloß von der alten Thür nehmen und zu sich stecken sollen, allein er vergaß es in seinem Glücke und ließ es hängen. Der Jude aber wartete draußen nicht mehr, sondern war längst fortgegangen, denn er glaubte, der Starke sei umgekommen gleich Andern, die er vor ihm schon in das Schloß geschickt hatte.

Schon am andern Tage hielten der Jüngling und die Prinzessin ihre Hochzeit, und sie lebten nun miteinander als König und Königin. Und der König herrschte über die ganze Wildniß, durch die er einst geschritten war, ehe er vor die Burg kam, und sie war voll von Hirschen und Rehen und Jägern, Hirten und Heerden. Da zog er oftmals hinaus auf die Jagd, denn das Burgthor, das früher verschlossen gewesen war, stand nun auch weit offen, wie es dem Thor einer Königsburg geziemt.

Und so hat er auch einmal wieder draußen seine Freude am Waidwerk, da kommt der Jude des Wegs vor die Burg mit seinem Bündel und spricht: „So bin ich doch schon so oft gekommen des Wegs und habe noch nimmer gesehen den Rauch aufsteigen aus dem Schornstein, und habe noch nimmer gesehen offen das Thor, und habe noch nie gehört, daß der Thürmer auf dem Thurme hier bläst sein Lied.“ Neugierig

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_039.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)