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In Einzelfällen ist es dem Fälscher nicht darauf angekommen, daß das Siegel den Aussteller der Urkunde repräsentiere[1], verschiedentlich irrte er sich, durch Namensgleichheit dazu verführt, bei der Auswahl betreffs der Person des Ausstellers[2] oder er richtete ein beliebiges echtes Siegel durch Rasur der Umschrift vor[3].

Manche Fälscher rechneten auf die Unwissenheit, indem sie das Siegelbild unkenntlich machten, formlose Wachsklumpen zufügten, die Wachsmasse unbeprägt ließen oder Spuren eines anscheinend verloren gegangenen Siegelbildes erscheinen ließen[4].

In vielen, wohl den meisten Fällen, namentlich bei Urkunden mit aufgedrücktem Siegel, wird die Befestigung, wenn geschickt ausgeführt, nicht in Erscheinung treten[5], leichter bei denen mit angehängtem


Urkunden aus dem weingartner Archiv lehrt, den letzten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts an, versucht aber zu archaisieren. Die wollenen (?) Siegelfäden sind durch unregelmäßig gerissene Schnitte gezogen. Philippi a. O. 97.

BF 734 (II, Taf. 56, 6. 7). Friedrich II. Fälschung Mitte des 15. Jahrhunderts mit echtem Siegel (I, Taf. 28, 1), das der König erst seit Juli 1215 führte. Vgl. S. 119.

BF 1401 I (II, Taf. 57, 1. 2). Friedrich II. Fälschung des 15. Jahrhunderts mit echtem abgelösten an die Fälschung übertragenem Siegel, das der Kaiser erst nach 1225 Nov. 9. (I, Taf. 29, 3) führte. Vgl. S. 119.

BF 2174. Friedrich II. 1236 Juni (Or. Dresden 336) mit dem Siegel (I, Taf. 29, 1), das er in den Jahren 1221–25 führte. Fälschung mit geschickter Benutzung der Minuskel und der verlängerten Buchstaben. Vgl. Philippi a. O. 85.

  1. MR 275 (266) (II, Taf. 29, 5). Karl der Große. Fälschung Mitte des 11. Jahrhunderts. Original verloren. Das Siegel, in undeutlicher Abbildung, ohne Umschrift, war unecht. Vgl. S. 100.
    MR 520 (501). Ludwig des Frommen. Fälschung etwa 11. Jahrhundert. Original verloren. (Kopp, Palaeogr. 1, 7. Schrifttafel 22). Scheint mit echtem Siegel Karls des Großen versehen gewesen zu sein. Sickel, Acta 2, 416.
    St. 507a (II, Taf. 34, 1). Otto I. Urkunde des 12. oder 13. Jahrhunderts mit dem Reste eines echten Siegels Konrads II. (I, Taf. 13, 4). Wibel im N. Archiv 36, 310. Vgl. S. 106.
    BF 4521 (II, Taf. 57, 3). Konrad IV. Fälschung c. 1260/70. Siegel Reste eines echten Siegels Heinrichs VII. 3 (I, Taf. 31, 5). Vgl. S. 120.
    Urkunde Karls IV. von 1346 Aug. 4 (II, Taf. 57, 5. 6). Fälschung des 17. Jahrhunderts. Daran hängt das Siegel König Adolfs (I, Tafel 43, 2). Vgl. S. 122. 226.
  2. MR 828 (803) (II, Taf. 30, 9). Ludwig der Fromme. Fälschung des 11.–12. Jahrhunderts, mit Siegel Ludwigs des Deutschen oder Ludwigs IV. (I, Taf. 2, 7; 5, 8). Vgl. S. 102
    St. 1046B und 1055. Vgl. S. 107. 108. 220. 225.
    St. 1645 (II, Taf. 54, 5). Heinrich II. Fälschung des 12. Jahrhunderts. Echtes Siegel Heinrichs III. (I, Taf. 15, 1) beiliegend. Vgl. S. 109.
    St. 1664 (II, Taf. 54, 6). Urkunde Heinrichs II. des 12. Jahrhunders mit echtem Siegel Heinrichs IV. 2 (I, Taf. 16, 2). Wibel (N. Archiv 36, 311 Anm. 3) vermutet, daß das schon länger abgefallene Siegel überhaupt nicht von alters her der Fälschung angehört hat, sondern erst später versehentlich beigelegt worden ist. Vgl. S. 109.
    St. 1679 (II, Taf. 37, 4). Heinrich II. Urkunde in Diplomform des 12. Jahrhunderts. Das kleine Bruchstück entspricht keinem echten Siegel Heinrichs II. und scheint erst dem 12. Jahrhundert anzugehören. Vgl. S. 110.
    St. 2384 (II, Taf. 55, 3). Heinrich III. Urkunde des 13. Jahrhunderts. Siegel echt = Heinrich IV. (I, Taf. 17, 1). Vgl. S. 113.
    St. 2513 (IV, Taf. 84, 5). Heinrich III. Fälschung des 11. Jahrhunderts mit unzweifelhaft echtem Siegel Heinrichs IV. (I, Taf. 16, 4). Vgl. S. 114. 216.
    St. 4522. Friedrich I. Fälschung des 13. Jahrhunderts. Echtes Siegel Friedrich II. (I, Taf. 29, 3), das der Kaiser in den Jahren 1226–50 führte. Vgl. S. 118.
  3. MR 67 (65) (II, Taf. 29, 1). Pippin. Fälschung Ende des 12. Jahrhunderts mit echtem Siegel Heinrichs IV. 2 (I, Taf. 16, 2), das wohl der Urkunde Heinrichs IV. (St. 2664), die jetzt mit falschem Siegel (II, Taf. 42, 3) versehen ist, entnommen wurde. Der Fälscher tilgte die Umschrift bis auf die auch zu Pippins Namen gehörigen Buchstaben VS REX. Sickel, Acta 1, 390. 2, 407. Vgl. S. 99.
  4. St. 359. Otto I. Fälschung nach 1145 mit echtem Siegel Heinrichs III. Die den Namen bietende Siegelumschrift ist mit Firnis überzogen. Vgl. S. 224.
    MR 702 (681). Ludwig der Fromme, Nachbildung 10.–11. Jahrhundert. Das Siegel, welches sich auf der Urkunde befand, entspricht in den im Pergament zurückgelassenen runden Eindrücken nicht den Siegelformen Ludwigs, die mehr länglich sind. Wilmans-Philippi, Kaiserurk. Westf. 1, 13. Es läßt sich natürlich nicht feststellen, ob hier das echte Siegel eines andern Herrschers verwendet, oder ein Siegel selbst geführt worden ist.
    MR 1801 (1753). Arnulf. Angebliches Original Anfang des 11. Jahrhunderts. Nachzeichnung. Das Siegel, ein breitgedrückter Wachsklumpen ohne Spur eines Siegelbildes oder einer Umschrift. S. 100. 104.
    St. 1652 (II, Taf. 37, 1. 2). Heinrich II. Nichtbeprägtes Wachs auf der Rückseite der Urkunde, das zum Halten dienende Wachs auf der Vorderseite durchgedrückt. S. 109.
    St. 2121 (II, Taf. 39, 2). Konrad II. Formloser Wachsklumpen. Fälschung nach 1215 angefertigt. S. 111.
    St. 2241 (II, Taf. 40, 2). Heinrich III. Fälschung 12. Jahrhundert. Spuren eines verlorenen Siegels. Vgl. S. 107. 112.
    St. 2775 (II, Taf. 43, 1). Heinrich IV. Fälschung 12. Jahrhundert. Wachsklumpen ohne Prägung. S. 115.
    BF 1114. (Abgeb. Sybel u. Sickel, Kaiserurk., Taf. IV, 13.) Friedrich II. Fälschung. Die Anordnung des Ganzen und die Schrift im einzelnen ist eine ungeschickte Nachahmung von BF 1115. Die Goldbulle fehlt jetzt; die roten Seidenfaden sind nur durch zwei Löcher gezogen; in letzteren Wachsreste.
    Wenig Mühe hat sich der Fälscher einer Urkunde Friedrichs I. 1171 Juli 25. (Bode, Urk. der Stadt Goslar 1, 299) für das St. Petersstift in Goslar im 17. Jahrhundert gegeben. Er hielt es nicht der Mühe wert, ein Siegel an seiner Fälschung anzubringen; sondern machte nur einen Einschnitt in das Pergament, um daraus auf eine ursprügliche Besiegelung schließen zu lassen.
    St. 2227. Der Humanist Stella gibt an, daß die (von ihm plump gefälschte) Urkunde Heinrichs III. für Zwickau mit einer Goldbulle versehen sei (presentem privilegii paginam fecimus aurea bulla in testimonium communiri). Vgl. Posse, Markgrafen von Meißen 95 und 234.
    St. 2374. Heinrich III. H. Wibel weist im N. Archiv 30, 169 nach, wie der berüchtigte Fälscher Bodmann diese Urkunde gefälscht und seinen Abdruck als nach einem „noch ungedruckten, im Domkapitulararchiv zu Mainz befindlichen“ Original gedruckt hat darstellen wollen, indem er Angaben über das Siegel macht. (Bodmann, Rheing. Altert. 200).
  5. Im Einzelfalle, wo das Siegel verloren gegangen, und der Einschnitt, durch den es befestigt war, zu Tage tritt, zeigen sich Unregelmäßigkeiten. So war beispielsweise für das Siegel Friedrichs I. von St. 3682 (Or. Schaffhausen) an Stelle des Kreuzschnittes ein rundes Loch angebracht worden. Spuren von Wachs lassen schließen, daß der Urkunde ein Siegel aufgedrückt gewesen ist. Baumann, Quellen zur Schweizergesch. 3, 1, verteidigt zwar gegenüber Stumpf die Echtheit des Diploms. Allein das in Form eines F gebildete Chrismon und das Monogramm Konrads III. anstatt Friedrichs I. ganz wie bei der Fälschung St. 3799 (S. 146), sprechen entschieden gegen die Echtheit. Ebenso der als Zeuge angeführte Abt Heinrich von Rheinau, da Heinrich I. erst 1161 Abt wurde. Endlich der Titel „rex invictus“. Vgl. Züricher Urkundenb. 1, 304.
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0227.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)