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Rändern des Blattes befindliche Einschnitte gezogen war. Das Siegel selbst zwar in zwei Fällen (Or. Dresden 2584, 2585) mit einer Papierdecke überklebt, von der sich noch Spuren erkennen lassen. Die Adresse ist auf der Rückseite von derselben Hand, die den Text fertigte, aufgeschrieben, und zwar senkrecht zu den Textzeilen der Vorderseite stehend[1].

Für die Briefe ist das Sekret in rotem Wachs mit aufgelegter Papierdecke, ausnahmsweise auch der widersehende Adler und das Majestätssiegel verwendet worden[2].

Albrecht II. besetzte die Reichskanzlei mit den schon unter Sigismund tätigen Personen, daher sind dessen Urkunden sowohl in der äußeren Ausstattung als auch im Formelwesen vollständig gleich den Urkunden Sigismunds, und auch Friedrich III. hat das Urkundenwesen der deutschen Reichskanzlei ganz in denselben Formen belassen, wie sich diese in der luxemburger Periode entwickelt hatten[3]. Wie in der Zeit der Luxemburger, so ist auch zur Zeit Friedrichs das ausschlaggebende Moment für die Einteilung der Urkunden die Art der Besiegelung, denn noch bildet das Siegel das entscheidende Merkmal der Beglaubigung. Während bis zur Ernennung des Erzbischofs von Trier zum Hofkanzler (1441) eine einzige Kanzlei die auf das Reich und die österreichischen Länder bezüglichen Urkunden ausfertigte, sind seit Frühjahr 1442 zwei Kanzleien tätig. Die Reichskanzlei fertigt die Urkunden für die Reichsuntertanen, die österreichische Kanzlei für die Untertanen der österreichischen, Friedrich zugehörigen Länder[4].

Zur Beglaubigung der Diplome wurden Goldbulle[5], Majestätssiegel[6] und das Sekret (Wappensiegel)[7] verwendet.

Unter Friedrich III. zeigt sich betreffs der Siegel eine Neuerung, vielleicht die einzige, welche die Urkunden seiner Zeit von denen seines Vorgängers Sigismund unterscheidet. Diplome, ausgenommen natürlich die unter Goldbulle ausgefertigten, haben das Siegel sekretiert, d. h. auf dem Siegel befindet sich auf einer bestimmten Stelle der Abdruck des kleinen königlichen Signetes (II, Taf. 22, 5. 6; 24, 7. 8; 26, 1)[8].

Bei Besiegelung der Patente ging die Kanzlei nach der Krönung Friedrichs III. zum Kaiser anders vor als früher[9]. Während in der Königszeit zu deren Besiegelung Sekretsiegel und auch Majestätssiegel verwendet wurden, wird seit dem Jahre 1452 das Majestätssiegel nur mehr als Hängesiegel verwendet und daher zur Besiegelung der Patente ausschließlich das Sekretsiegel gebraucht. Das Siegel ist auf der Rückseite der Urkunde, nachdem sie gefaltet war, in rotem Wachs aufgedrückt und darüber zum Schutze des Siegels eine Papierdecke gelegt.

Briefe sind mit dem Sekretsiegel verschlossen, das Siegel ist ebenso wie bei den Patenten in rotem Wachs unter Papierdecke aufgedrückt.

Obgleich unter Friedrichs III. Nachfolger Maximilian I. das Siegel seine bisherige vorherrschende Bedeutung verlor, und die Unterfertigung seitens der Kanzlei oder des Königs für die Beglaubigung der Urkunde ebenso wichtig und noch wichtiger wurde als das Siegel, so hat doch die Zahl der seitdem verwendeten Siegel nicht ab-, sondern zugenommen, und zwar deshalb, weil seit Maximilian I. wie auch seinen Nachfolgern Behörden eingesetzt wurden, die im Namen des Königs Urkunden ausstellten. Während die Urkunden für das Reich nur mit den beiden Reichssiegeln (großes Siegel und Sekret) und mit keinem anderen gefertigt werden durften, hatte die Besiegelung der österreichischen und burgundischen Urkunden wieder mit besonderen Siegeln und Sekreten zu erfolgen[10].

Für die Reichskanzlei hat dann Ferdinand I. betreffs der Zahl der zu verwendenden Siegelstempel und ihre Ausstattung, sowie der Verwendungszulässigkeit ausführliche Bestimmungen getroffen, die im allgemeinen bis zum Ende des Reiches in Geltung blieben und auch für die österreichische Hofkanzlei vorbildlich wurden.

Unter Ferdinand I., als König[11] und später in der von ihm nach der Kaiserproklamation erlassenen Reichshofkanzleiordnung vom 1. Juni 1559 kamen außer der goldenen Bulle[12] drei Stempel in Anwendung, und zwar das große, mittlere und kleine (Sekret, secretinsigel, gemain secret) Siegel.


  1. Or. Hauptstaatsarchiv Dresden 2584, 2585, 3049, 2990, 3049, Vgl. auch Sybel und Sickel, Kaiserurk. in Abb. S. 334.
  2. Lindner a. O. 11. – Schaus a. O. 8.
  3. Sybel u. Sickel, Kaiserurk. in Abb. Text S. 470. Seeliger, Kanzleistudien (in Mitteil. des Inst. f. öst. Gesch. 8, 30)
  4. Für das Herzogtum Österreich wurden verwendet: II, Taf. 21, 1. 2; 22, 1–6; 27, 1. 2; 28, 1. 2. 3. 5.
  5. Goldbullen: II, Taf. 24, 1. 2; 26, 2. 3.
  6. Majestätssiegel. Königszeit: II, Taf. 23, 1. 2. Kaiserzeit: II, Taf. 25, 1. 2.
  7. Sekrete. Königszeit: II, Taf. 24, 5–8. Kaiserzeit: II, Taf. 26, 4–8.
  8. S. 174. Signete (II, Taf. 22, 5. 6). 1440 wohl nur kurze Zeit im Gebrauch; Taf. 24, 7 wohl nur erst in Gebrauch von 1442–49 (verschwindet 1450). 1442 Juni–Dezember neben II, Taf. 24, 5 in Gebrauch. Auf II, Taf. 23, 1 ist es zu den Füßen des Königs dem Thronschemel eingedrückt; II, Taf. 24, 8 von 1440 bis 1442. Rücksiegel bei II, Taf. 24, 6; 26, 1; 1449–93, dieses Signet scheint im Jahre 1451 die Signete (II, Taf. 22, 5. 6) verdrängt zu haben.
  9. Unter Voranstellung des gemeinsamen Zeitpunktes der Besiegelung werden im Taxbuch (Staatsarchiv Wien) die gefertigten Urkunden angeführt und in erster Zeit hierbei sogar eine Sonderung nach der Verschiedenheit der Besiegelung „littere sub maiestate“, „littere sub appendente sigillo parvo“ und „littere sigillate in papiro“ streng durchgeführt. Seeliger a. O. 34. Sybel und Sickel Kaiserurk. in Abb. Text 473.
  10. Vgl. II, 5. Beurkundung und Besiegelung.
  11. Fellner-Kretschmayr, Österreich. Zentralverwaltung 2, 97. Taxordnung 1545 Sept. 17.
  12. Vgl. S. 162 und 178. Die Goldbulle wurde zur glänzenderen Ausstattung der Urkunde, anstatt des großen Siegels verwendet und erscheint daher in der Kanzleiordnung nicht als besonderes Siegel.
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0177.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)