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ist ein (heraldischer) Adler (I, Taf. 51, 3. 4) und erscheint auch als Adlerschild (I, Taf. 50, 6)[1].

3. Der unter Heinrich VII. (I, Taf. 47, 2) aufgekommene[2], von Ludwig IV. zum natürlichen Adler (I, Taf. 51, 2) umgestaltete widersehende Adler mit der Umschrift: Juste judicate fili hominum, als Rücksiegel des Thronsiegels.

4. Neben den Sekretsiegeln, von ihnen durch noch kleinere Form und die Mannigfaltigkeit der Bilder leicht zu unterscheiden, stehen die mit dem privaten Siegelring oder Signet des Herrschers, die er in persönlichem Gewahr hatte und deren er sich in vertraulichen Geschäften zu bedienen pflegte[3]. Zum Fertigungsvermerk diente Ludwig IV. ein kleines Ringsiegel (IV, Taf. 74, 11), unter Friedrich III. tritt seit der Königswahl die Sekretierung[4] an Stelle der in der herzoglichen Zeit regelmäßig von ihm geübten Unterfertigung. Sie wird seit 1441 so häufig, daß man sie geradezu als Erfordernis der unter Hängesiegel hinausgegebenen Urkunden ansehen kann.

Seit Heinrich VI. hatte die Reichskanzlei den Brauch verlassen, das Siegel aufzudrücken und dafür das Siegel anzuhängen, aber bereits schon im 13. Jahrhundert kommt für gewisse Ausfertigungen das Aufdrücken des Siegels wieder in die Mode, wozu nicht wenig das Aufkommen des Sekrets beigetragen haben dürfte.

Nach der Besiegelungsart unterscheiden wir daher, seit Ludwig IV. Urkunden mit angehängtem und solche mit aufgedrücktem Siegel. Jene nennen wir mit Linder, Grauert und Breßlau Diplome (feierliche und einfache)[5].

Bei den Schriftstücken, mit aufgedrücktem Siegel, macht sich ein weiterer Unterschied geltend, ob das Schriftstück als offenes oder als geschlossenes ausgefertigt und ausgehändigt wurde. Die offenen nennt man Patente, die geschlossenen Briefe. Die letzteren haben außer dem außen aufgedrückten Verschlußsiegel regelmäßig auch eine in der Reichskanzlei geschriebene Adresse[6].

Wenngleich der Inhalt der Patente fast immer ein Befehl an bestimmte Personen ist, so gibt es doch keine bestimmten Grenzen, denn alles, was in den Patenten sich findet, kann auch unter hängendem Siegel, sowohl dem großen als dem kleinen, dem Sekretsiegel, verfügt werden. So finden wir das Siegel unter Ludwig IV. mitten auf der Rückseite aufgedrückt, und zwar treffen wir das große Thronsiegel, wie das Sekretsiegel an[7]. Die Patente entbehren des Inkarnationsjahres und sind nur nach Jahren des Königtums, bez. Königtums und Kaisertums datiert. Betreffs der Färbung gilt für die aufgedrückten Siegel das gleiche wie für die hängenden. Wie dort die Thronsiegel stets in gelbem Wachs, das Sekretsiegel in rotem ausgeprägt sind, so auch bei dem Aufdruck auf der Rückseite[8]. Und so ist auch unter Karl IV. das Sekretsiegel[9],


  1. Unter Ludwig IV. ist nach den im Hauptstaatsarchiv Dresden vorhandenen 77 Originalurkunden in der königlichen Periode nur das große Majestätssiegel (I, Taf. 50, 7), anfangs ohne, später mit Rücksiegel vertreten, in der kaiserlichen Zeit überwiegt gleichfalls das große Kaisersiegel (I, Taf. 51, 1), das stets mit dem rückschauenden Adler als Rücksiegel (I, Taf. 51, 2) auftritt. Vgl. W. Lippert in Mitteil. des Inst. für österr. Gesch. 13, 603. Mit dem Sekret wurden auch Urkunden besiegelt, wenn das Majestätssiegel nicht zur Hand war. Als König Sigismund im Januar 1414 den Erzbischof von Gran zum Verweser von Ungarn ernannte, übergab er diesem das Majestätssiegel, unter dem in des Königs Namen in Ungarn weiter geurkundet wurde, während er selbst nur das ungarische Sekret mit sich nahm. Mit diesem hat Sigismund in Konstanz und Perpignan Urkunden besiegeln lassen. (Fejer, Cod. dipl. Hung. X, 5, 278; 629). Dasselbe Verhältnis trat ein, als er in den Jahren 1419 und 1420 von Ungarn abwesend war, ebenso 1430ff. Im September 1434 hatte aber der Kaiser die Siegel Ungarns bei sich in Basel (Fejer X. 7, 551, 575, 582): cum ex causis animum nostrum inducentibus sigilla penes maiestatem nostram reservanda duximus, soll der Verweser Erzbischof Georg von Gran unter seinem eigenen Siegel Briefe ausstellen (Fejer, X. 7, 789). Als Sigismund jedoch 1435 zur Huldigungsfeier nach Prag aufbrach, ließ er beide ungarische Siegel in der Heimat zurück und bediente sich zur Aushilfe des römischen Sekrets. Wie die ungarischen Siegel, so hat Sigismund auch die Reichssiegel nicht immer bei sich gehabt. Am 22. März 1428 bestätigte Sigismund in Tirnau die von den Kurfürsten zu Frankfurt getroffene Wahl des Kurfürsten Friedrich zum Hauptmann gegen die Hussiten mit dem Sekret: „gebrechenhalb unsir maiestät, die wir zu dis zeit bey uns nit hetten“, und am 27. Dez. desselben Jahres ließ er in Etzelburg eine Verfügung für Halberstadt (Halberst. Urkundenb. 2, 138) sogar mit dem ungarischen Siegel versehen: „wan wir unser und des richs insigel die zyt nicht by uns hedden“. Archival. Zeitschr. 9, 182.
  2. Vgl. S. 173.
  3. Vgl. S. 13. Ob wir es mit einem echten Ottonenring (I, Taf. 7, 8) zu tun haben, läßt sich nicht feststellen. Bezeugt ist, daß sich Konrad IV. eines solches Geheimsiegels bediente, mit dem der König ganz vertrauliche und geheim zu haltende Sendungen verschloß (Böhmer-Ficker, Reg. No. 4623). Heinrichs VII. Ringsiegel (I, Taf. 47, 5) ist in den Besitz von Karl IV. und Wenzel gelangt, die es beide zum Siegeln benutzten. Unter Ludwig IV. ist ein kleines rundes Siegel, das einen gekrönten Kopf, also wohl das Bild des Königs darstellte (II, Taf. 3, 1. 2), zu Anfang der Regierung häufig, wenn auch schlecht erhalten, auf den Siegeln nachzuweisen. Ein Siegelring ist auch IV, Taf. 74, 11. Vgl. II. 5. Beurkundung und Besiegelung. Sicher ist Porträt Karls IV. (II, Taf. 4, 6). Er hat außerdem noch den Siegelring (II, Taf. 4, 7) geführt. Wenzel führte 1400 einen Siegelring mit der Initiale seines Namens (II, Taf. 8, 3). Sigismund soll ein Privatsiegel mit der Inschrift Dilectus dilecte benutzt haben, also ein Stück, das erst in weiblichem Besitz war (S. 48); er führte außerdem noch ein zweites (II, Taf. 18, 4), Friedrich III. 5 (II, Taf. 22, 5. 6; 24, 7. 8; 26, 1), die zum Teil nebeneinander vom Kaiser gebraucht wurden. Vgl. Erben a. O. 275. Vgl. S. 176.
  4. Erben a. O. 275, Anm. 1 schlägt vor, das Wort „signetieren“ zu gebrauchen. Offiziell wurde nach dem Taxregister das Wort „secretare“ gebraucht.
  5. Philippi a. O. 8. 14. 27. Lindner a. O. Sickel u. Sybel, Kaiserurk. in Abb. Text 229. 302. 473. Breßlau UL. 1, 63f. Erben UL. S. 236f.
  6. Schon Heinrichs VII. Erlasse 1223 Okt. 18 (BF 3911) und 1224 Juli 25 (BF 3931) und Konrads IV. 1247 März 20 (BF 4539) tragen das Siegel auf der Rückseite aufgedrückt.
  7. Das große königliche bez. kaiserliche Siegel ist unter Ludwig IV. aufgedrückt Hauptstaatsarchiv Dresden: Or. 2305, 2328a, b, 2329a, 2484, 2519, 2520. Das Sekretsiegel Or. 2661a, b, c, 3046.
  8. Nur Or. Dresden 3046 entbehrt jeder Jahresangabe und gibt nur das Tagesdatum, nähert sich also in dieser Hinsicht der Form der Briefe, während umgekehrt in den wegen der Adresse und des Verschlusses den Briefen beizuzählenden Or. 2584, 2585 sich die Regierungsjahre verzeichnet finden. Überhaupt [175] lassen sich ganz unwandelbar festgehaltene Unterschiedsmerkmale weder für die Patente, noch für die Briefe Ludwigs erkennen, sondern beide Gruppen haben mancherlei Berührungspunkte, sodaß bisweilen die Zuteilung eines Schriftstückes schwankend sein kann. Zahlreiche Mandate sind auch unter hängendem Siegel, also in Diplomform, ausgefertigt, vgl. beispielsweise beim Sekretsiegel Or. 2908, 2925, ferner mit Majestätssiegel Or. 2482, 2487, 2918a, 2918b u. a. W. Lippert a. O. 13, 605.
  9. [175] Vgl. S. 139
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0175.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)