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wahrscheinlich nach einem über einer Matrize gewonnenen Modell[1].

Aus Silber bestand der Stempel, den Friedrich I. anfertigen ließ, von dem ein Hilfsstempel in Zinn hergestellt wurde[2]. Die noch erhaltenen Landfriedensstempel sind in Messing hergestellt, ein Teil der nach dem Tode Sigismunds vernichteten Stempel bestand ebenfalls aus Messing[3], das kaiserliche Majestätssiegel aus Silber[4], wie auch die größeren und mittleren Siegel der Kaiser seit dem 16. Jahrhundert bis zu Ende des Reiches aus Silber hergestellt wurden. Die Sitte älterer Zeit, nach dem Tode des Fürsten, den Stempel zu zerschlagen, macht es erklärlich, daß echte Kaisertypare des Mittelalters nicht auf uns gekommen sind. Nähere Angaben haben wir über die Vernichtung der Stempel Sigismunds einen Tag nach dessen Tode, „wie das Gewohnheit nach dem Tode solcher Fürsten sei“. Das ungarische Sekret hatte Sigismund schon damals, als er römischer König geworden, zerschlagen lassen, während die aus der römischen Königszeit herrührenden bis zu seinem Tode vorhanden waren[5].

So wurden auch die Reichskammergerichtssiegel nach dem Ableben des Reichsoberhauptes kassiert und zerschlagen[6].

Die Sitte des Zerschlagens der Stempel scheint aber nicht zu jeder Zeit beliebt oder geübt gewesen zu sein. So haben Ludwig III. (I, Taf. 3, 3) und Ludwig IV. (I, Taf. 5, 8) den Siegelstempel Ludwigs des Deutschen (I, Taf. 2, 8) geführt[7]. Otto II. hat, nach dem Tode des Vaters Kaiser geworden, dessen Kaisersiegel (I, Taf. 8, 5) unverändert übernommen[8]. Im 14. Jahrhundert ist ein Sekret Heinrichs VII. (I, Taf. 47, 5) nicht nur von Karl IV., sondern auch von Wenzel und wahrscheinlich sogar noch von Sigismund benutzt worden[9] was jedoch nicht auffällig erscheinen kann, da es sich hier um einen Fingerring handelt, der sich als wertvolles Familienstück vererbte. So ließ auch Karl IV. sein königliches Majestätssiegel aufbewahren, und dann für seinen Sohn Wenzel umändern (II, Taf. 8, 1)[10], woraus hervorgeht, daß schon damals, wie auch später unter Sigismund, die Stempel nur in Beschränkung auf den Todesfall, nicht aber auch, wenn ein Siegel durch veränderte Verhältnisse außer Gebrauch kam, vernichtet wurden.

Auch die breslauer und schweidnitzer Herzogtumssiegel Karls IV. wurden nicht zerstört, sondern von seinem Nachfolger wohl schon deshalb weitergeführt, weil in der Siegelumschrift der Name des Herrschers nicht enthalten war, und das Rücksiegel des jeweiligen Kanzlers die Gewähr für die Echtheit bot[11].

Dagegen gab Karl IV, als bekannt wurde, daß von dem jüngeren breslauer Herzogssiegel zu Fälschungszwecken Abdrücke gemacht waren, 1364 den Befehl, den Stempel zu vernichten, aber trotzdem ist dieser weiterhin bis unter Sigismund in Gebrauch geblieben.

Schon unter Friedrich II.[12] und besonders seit dem 15. Jahrhundert begegnet man Nachrichten, denen zufolge, wenn das Siegel in Verlust geraten oder verfälscht worden war, Vorsichtsmaßregeln getroffen wurden, um den bisher benutzten Stempel außer Gebrauch zu setzen und zur Verhütung von Fälschungen die Anfertigung von Siegelstempeln zu überwachen[13].


  1. Ilgen a. O. I. 4, 19.
  2. N. Archiv 3, 17. Breßlau U.L. 1, 926. Ilgen a. O. I. 4, 35. Vgl. II. 4. Gebrauch mehrerer Siegelstempel.
  3. Lindner, Urkundenwesen Karls IV. S. 41. Aschbach, Gesch. K. Sigmunds 4, 472.
  4. S. 47.
  5. Lindner a. O. 41. Aschbach, Kaiser Sigmund 4,472. Posse, Lehre von den Privaturk. 152.
  6. Nach einem Schreiben des Reichskammergerichts (Or. Staatsarchiv Wetzlar) an den Erzbischof von Mainz als Erzkanzler vom 22. April 1792 sind die dem genannten Gerichtshofe zugesandten „Vikariatssiegel nach geendigtem Interregno und so auch die Kaiserlichen nachdem Ableben des Reichsoberhauptes an die Höffe nie remittirt worden. Sie wurden auch in den Reichsarchiven Mayntz oder bei dem Kammergerichte nicht aufbehalten und verwahrt, sondern gantz cassirt oder zerschlagen. Welche Cassirung Euer Churfürstl. Gnaden Regierungs-Vorfahren weyland Herrn Johann Philipp … in Ihrem Rescript vom 9. März 1657 als eine Sache angesehen haben, so zur Erhaltung der Hohen Reichs-Ertzcantzlariatischen Gerechtsame erforderlich seyn.“
  7. Vgl. S. 8. 10.
  8. Vgl. S. 13.
  9. Vgl. S. 41, 43.
  10. Vgl. S. 43.
  11. Vgl. S. 41. Lehrreich ist der Prozeß, der in Breslau 1364 gegen einen der bedeutendsten Siegelfälscher seiner Zeit, den Knappen Johann von Schellendorf, spielte. Letzterer wurde durch die später in seinem Besitze gefundenen 27 Schwefelpasten in den Stand gesetzt, von den Siegeln aller hervorragenden schlesischen Stände sich Abdrücke zu verschaffen und diese zu seinen Gunsten prozessualisch zu verwerten. Karl IV. befahl deshalb 1364, das jüngere breslauer Fürstentumssiegel (II, Taf. 4, 2), weil es zu Fälschungen benutzt worden war, „deponere et redigere in nichilum“ und ein neues anzufertigen, doch ist dieser Befehl entweder zurückgenommen oder nicht ausgeführt worden, da der Stempel weiterhin bis unter Sigismund No. 14 (S. 47) in Gebrauch geblieben ist. Grotefend, Sphragistik 34 und Klose, Doc. Gesch. von Breslau 2, 224. 234.
  12. Einer mißbräuchlichen Verwendung des in der Schlacht bei Parma (1248) verloren gegangenen Siegels des Königreichs und der Stempel der goldenen Bulle suchte Friedrich II. durch ein Mandat an die Leute von Palermo vorzubeugen, in dem er erklärte, daß man nur seinen Schreiben mit dem Siegel des Kaiserreichs Glauben schenken solle. BF 3670. – Als ein Mönch mit einem gefälschten Siegel aufgegriffen wurde, sandte Friedrich II. den falschen Stempel unter seinem Ringsiegel einem Abte zur Aufbewahrung, um weiteren Mißbrauch zu verhindern, und ließ den Mönch einkerkern. – Kaiser Sigismund berief 1406 alle vom König Ludwig, sowie von den Königinnen Elisabeth und Maria ausgestellten Urkunden, bei Strafe der Ungiltigkeit, binnen Jahresfrist zur neuen Bestätigung ein. Spieß, Archivische Nebenarbeiten II, 5. 6. – Als im Jahre 1457 Johann von Witowitz den Kaiser Friedrich III. überfiel und letzterer sich nur mit Mühe in das Schloß Obercilly rettete, fiel das Siegel in die Hände der Feinde. Friedrich ließ daher bekanntgeben, daß niemand Briefen unter seinem Namen und Siegel Glauben schenken möge, bis er sich anders erklärt habe. Birken, Spiegel der Ehren des Hauses Österreich 635.
  13. In der Bestätigung einer Urkunde Albrechts III. und seines Bruders Leopold setzte Friedrich III. im Jahre 1446 fest, daß nur anerkannte und in Wien seßhafte Goldschmiede oder mit ihrem Vorwissen deren Gesellen Siegel und Petschafte verfertigen dürfen, um Schaden und Übeltat aus unberechtigter Führung eines Siegels zu verhindern. Welcher Goldschmied hierin gegen die Ehrlichkeit verstoßen würde, solle aus der [143] Innung ausgeschlossen werden und sein Meisterrecht verlieren. Chmels Geschichtsforscher 1. – Nach einer Polizeiverordnung für die Handwerker in Wien vom Jahre 1527 waren nur die Goldschmiede berechtigt, Siegel zu graben, jedoch nur bekannten Personen. Wenn sie nicht überzeugt waren, daß das Siegel ehrlich und ohne Gefährde bestellt sei oder eine fremde Person Siegel oder Petschaft zu graben begehrte, so mußte dies dem Bürgermeister angezeigt werden, und die gestochenen Siegel wurden bei dem Magistrate in einem eigenen Buche verzeichnet. v. Sava, Die Siegel der österreich. Regenten S. 5. Ilgen a. O. 34.
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0143.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)