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am 15. Juli (BF 5117) gewesen war, hat sich offenbar während des ganzen Sommers und Herbstes 1252 am Rhein aufgehalten und ist schwerlich zwischen 20. Sept. und 5. Okt. wiederum in Antwerpen gewesen. Wie der Fälscher auf Antwerpen verfiel, erklärt sich aber leicht, wenn wir den Schluß seiner Urkunde mit der echten Urkunde des Königs Wilhelm (O. Bremen) von 1252 Juni 12 (Ehmck und v. Bippen a. O. 1, No. 253) vergleichen. Das Siegel ist danach gefälscht. Dazu kommt, daß der Fälscher redet von den proconsules Bremensis civitatis und dem proconsul Henricus Woltermann. Die Schriftzüge stimmen ihrem Charakter nach vollkommen mit denen der frühesten Einzeichnung in das älteste bremer Bürgerbuch vom Jahre 1289 überein. Der Fälscher fabrizierte auch unter Anlehnung an Stumpf 4472 (1186 28/11) die Urkunde Heinrichs V. 1111 14/5 (Stumpf 3056), die er der Fälschung von 1252 inserierte. Die Fälschungen sind etwa um das Jahr 1300 angefertigt worden (II, Taf. 51, 1).


3. Gipsabguß in der Siegelsammlung des Staatsarchivs Lübeck, aus der Sammlung des Pastors Ragotzki.

Angebliches Siegel Wilhelms von Holland (IV, Taf. 82, 4).


Rudolf I.


Falscher Stempel im Münzkabinet Wien. Abb. v. Schlosser, Typare u. Bullen in der Münz-, Medaillen- u. Antikensammlung des Allerhöchst. Kaiserhauses im Jahrb. des Allerh. Kaiserhauses 13, 37ff.

Der Stempel (I, Taf. 41, 1–3) wurde dem Kaiser Franz Josef im Jahre 1857 in Verona von dem Architekten Andrea Monga als Geschenk, zugleich mit einem Memorandum über Zeit und Ort der Auffindung u. a. übergeben. Schlosser ist von der Echtheit des Stempels überzeugt, doch hat jetzt Haberditzl (Mitteil. des Inst. f. österr. Gesch. 29, 632f.) die Unechtheit überzeugend nachgewiesen. Es muß befremden, daß zu einem Stempel, der angeblich in einem Balkenloch der alten Stadtmauer zu Verona gefunden und im Jahre 1857 bekannt wurde, ein um die gleiche Zeit von den eifrigen Sammlern Melly und Sava erworbener Gipsabdruck genau paßt, dessen Stempel sich in der Fürstlich hohenzollernschen Sammlung in Sigmaringen befindet (I, Taf. 41, 4. IV, Taf 83, 1) und in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts erworben wurde. Aus dem Vorhandensein dieses zweiten Stempels muß geschlossen werden, daß zum wenigsten einer von beiden eine moderne Fälschung ist. Denn eine so genaue Gleichheit der Ausführung muß dem mittelalterlichen Können entschieden abgesprochen werden.

Vergleicht man beide Stempel miteinander, so finden sich auf dem wiener Ringelchen und nicht Kügelchen als Distinktion in der Umschrift. Das Auge am Schloß im Mantelüberwurf ist ebenfalls auf diesem und dem sigmaringer vorhanden. Das L in Rudolfus in beiden richtig. Das macht aber auch die beiden Unterschiede zwischen beiden Stempeln aus, im übrigen sind beide identisch. Da das Siegel (I, Taf. 40, 5) bis ans Ende der Regierung allein als Thronsiegel in Gebrauch war, könnte der wiener Stempel nur einen kostspieligen Versuch für das Siegel darstellen. Denn was hätte es für einen Zweck, einen ganz ähnlichen Stempel mit einem Pentimento oder verkehrt gestellte Buchstaben in der Umschrift nachträglich zu schneiden. Vom wiener Stempel hat sich kein alter Abdruck erhalten, es wurde nie damit gesiegelt, denn die beiden von Rudolf gebrauchten Thronsiegel (I, Taf. 40, 4. 5) folgen einander unmittelbar im Gebrauch. Haberditzl weist ferner nach, daß beide Stempel in ihrer bildlichen Darstellung höchst ungeschickte Fälschungen sind. Eine Reihe von Stilwidrigkeiten und Mißverständnissen zwingen uns, beide Stempel für moderne Fälschungen zu erklären. Das Pentimento sowohl auf dem einen, wie das verkehrte L in der Umschrift des andern Stempels sollen uns Typare vortäuschen, die in der königlichen Kanzlei nicht einmal zur Anwendung gekommen sind. Nach Mongas Memorandum ist der wiener Stempel bereits 1815 beim Abbruch einer alten Mauer gefunden worden, der Architekt kam zufällig hinzu, auch einige hochangesehene Männer, 1857 bereits verstorben, fanden sich als untadelige Zeugen ein. Man erkannte sofort die Bedeutung des Kunstobjektes. Und nun blieb es wohlverwahrt im Besitze des Entdeckers bis Januar 1857, wo der Stempel zum ersten Male auftaucht, zu gleicher Zeit oder noch früher findet sich der mellysche Gipsabdruck, dessen Stempel in Sigmaringen verwahrt wird. Die inneren Gründe zwingen, beide Stempel als moderne Fälschungen zu erklären. Vor 1815, etwa im 18. Jahrhundert scheint, wie v. Schlosser hervorhebt, eine solche Fälschung noch unmöglich. In den fünfziger Jahren tauchen die beiden Stempel und der Gipsabguß plötzlich auf. Aus dieser Zeit wird auch die Fälschung datieren. In der Sammlung zu Sigmaringen findet sich noch ein Thronsiegelstempel vom Gegner König Rudolfs, Ottokar v. Böhmen, der ebenfalls aus der gleichen Fabrik stammt (I, Taf. 41, 1–4) (IV, Taf. 83, 1).


Heinrich VII.


1. Gipsabdruck in der Mellyschen Siegelsammlung Wien.     1312 Mai 21.

Zu dem echten Thronsiegel (I, Taf. 46, 4) treten noch zwei andere (No. 1 und 2) hinzu, von diesen ist No. 1 in gleicher Größe mit dem echten Siegel. Im einzelnen ergeben sich jedoch bei Vergleichung von No. 1 mit dem echten Thronsiegel, von den 10 mm Größendifferenz abgesehen, einige mehr oder weniger bedeutende Unterschiede, wie sie Haberditzl a. O. 653 des näheren darlegt. Der Schemel von Nr. 1 zeigt ein Gittermuster von überkreuz gelegten Stäben, der des echten Siegels ein Ornament von geraden Kreuzen fortlaufend nebeneinander. Die Mantelverzierung am Halse zeigt sich auf keinem Originalsiegel, auf dem Abdruck ist deutlich eine Reihe von Perlenköpfen zu sehen. Auf No. 1 fehlt der Daumen der den Reichsapfel haltenden Hand, rechts sind nur zwei statt

Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0125.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)