Am anderen Vormittage, als ich aus der Schule gekommen war, traf ich Herrn Tendler mit seinem Töchterchen schon in unserer Werkstatt. „Nun, Herr College“, sagte mein Vater, der eben das Innere der Puppe untersuchte, „das sollte denn doch schlimm zugehen, wenn wir zwei Mechanici den Burschen hier nicht wieder auf die Beine brächten!“
„Gel’, Vater“, rief das Lisei, „da werd’ aa die Mutter nit mehr brummin.“
Herr Tendler strich zärtlich über das schwarze Haar des Kindes; dann wendete er sich zu meinem Vater, der ihm die Art der beabsichtigten Reparatur aus einander setzte. „Ach, lieber Herr“, sagte er, „ich bin kein Mechanikus, den Titel hab’ ich nur so mit den Puppen überkommen; ich bin eigentlich meines Zeichens ein Holzschnitzer aus Berchtesgaden. Aber mein Schwiegervater selig – Sie haben gewiß von ihm gehört – das war halt einer, und mein Reserl hat noch allweg ihr klein’s Gaudi, daß sie die Tochter vom berühmten Puppenspieler Geiselbrecht ist. Der hat auch die Mechanik in dem Kasperl da g’macht; ich hab’ ihm derzeit nur’s G’sichtl ausgeschnitten.“
Theodor Storm: Pole Poppenspäler. Braunschweig: Geoge Westermann, 1875, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pole_Poppensp%C3%A4ler.djvu/170&oldid=- (Version vom 1.8.2018)