Seite:Paul Schumann - Dresden.pdf/98

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

beiden trefflichen Hochreliefbildnissen des Kurfürsten Christian II. und seiner Gemahlin Hedwig von Dänemark.

Er stammt aus der Zeit um 1612 und rührt von Hans Steyer her. Kragstein, Architrav, Pilaster und Fries sind mit Flachrelief bedeckt; auf dem Kragstein das sächsische Kur-Wappen, das dänische Wappen und zwei Ordenssterne. Der Fürst in Rüstung, das Kurschwert auf der rechten Schulter, trägt über der Brust eine Feldbinde, die Linke eingestemmt; die Fürstin in gewaltigem Reifrock, auf dem beide Hände aufliegen.

Weitere Beispiele für Erker bieten zahlreiche Häuser Wilsdrufferstraße, Große und Kleine Brüdergasse, Schloßstraße, Webergasse, Galeriestraße 9, Rampischestraße, Kasernenstraße 3 und Hauptstraße 22. Diese Erker sind oft nur Ausbauten vor einem Fenster, sie sind fast ausnahmslos älteren Häusern angeheftet und aus Holz hergestellt, oft reich mit Schnitzerei oder mit Stuckornamenten verziert. In den Formen zeigt sich eine große Geschicklichkeit in der Behandlung des Holzes, und die Freude daran zeigt sich in dem immer wachsenden Reichtum der Ornamentik an Akanthusranken, Fruchtgehängen, Masken usw.

BILDHAUER.

Von Bildhauern dieser Zeit ist zu nennen Christoph Abraham Walther, der als Sohn eines Dresdner Bürgers am 23. Februar 1666 selbst Bürger wurde. Er war unter Kurfürst Johann Georg II. Dresdens berühmtester Bildhauer und lieferte nach dem Brande der Kreuzkirche 1669 für diese zahlreiche Statuen. Von ihm stammt offenbar das Denkmal der Frau des Leinwandhändlers Johann Stubing aus London, die am 8. März 1677 starb. Von Stubing oder Stubbing wissen wir, daß er 1669 das englische Kaufhaus Altmarkt Nr. 10 errichtete, das bis 1722 im Besitz dieses Engländers verblieb. Es trug einst eine merkwürdige lateinische Inschrift von acht Zeilen, deren jede ein Chronostichon von 1669 darstellte (vgl. Gurlitt S. 662). Das Standbild, einst in der Dreikönigskirche, jetzt im Stadtmuseum, stellt die Frau Stubing in reicher Tracht auf einem Kissen kniend mit gefalteten Händen im Gebet dar. Der geschickte Aufbau der Gestalt und die treffliche Behandlung des reichen Gewandes zeigen den letzten Sprossen der Bildhauerfamilie Walther als einen handwerklich geschickten Mann seines Faches, eine tiefere Beseelung fehlt dem Werke aber. Von diesem Walther stammte auch der kleine Brunnen,

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/98&oldid=- (Version vom 15.9.2022)