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eine Schuldenlast von nicht weniger als 30 Millionen gegenüber, so daß kaum noch ein lediges Pfandstück gefunden werden konnte. Auch handelte es sich bei diesen Sammlern um kein eigentliches Kunstverständnis; neben wertvollen Kunstwerken wurde auch wertloser Kuriositätenkram angekauft, und in der Kunstkammer standen diese Raritäten ohne jede Ordnung und Wertabstufung bunt durcheinander.

Nicht viel anders war es in Dresden. Hier wandte sich, wie gesagt, zuerst Kurfürst August, wohl angeregt durch das Beispiel seiner fürstlichen Zeitgenossen, dem Sammeln zu. In einem Punkte unterschied er sich gründlich von jenen beiden: wirklich kostbare Kunstwerke kaufte er überhaupt nicht – als er Gemälde in Rom bestellen wollte, fand er, daß der ‚Mallohn‘ zu hoch sei – er kaufte nur nach seinen Mitteln und hinterließ seinen Nachfolgern keine Schulden, sondern im Gegenteil reiche Barmittel. In bezug auf Kunstgeschmack stand er also noch wesentlich unter Albrecht und Rudolf. Sein Hauptinteresse erschöpfte sich im Gewerbe und Handwerk, ganz besonders in der Technik.

Die Moral des Sammelns, um einen Ausdruck Jakob Burkhardts zu brauchen, stand bei ihm größtenteils auf dem Standpunkte der Rarität, auf dem Glück zu besitzen, was kaum ein anderer oder gar kein anderer hatte. So erwarb er teils durch Kauf, teils als Geschenke eine große Anzahl von Merkwürdigkeiten und Kunstwerken mannigfacher Art, die er dann von 1560 an in sieben Zimmern über seinen eigenen Wohngemächern im Schloß aufstellen ließ. Ein erstes Inventar von 1587 gibt Kunde vom Inhalt dieser Kunstkammer. Heute würde man vielleicht eher von einem technologischen Museum sprechen. Die Sammlung umfaßte zahlreiche Geräte für Geometrie, Astronomie, Meßkunst und jede Art der Technik; man sah da Erd- und Himmelsgloben, Uhren aller Art, Datumzeiger, Lesegläser, sämtliche Hilfsmittel zum Zeichnen, Schrittzähler, darunter einen von dem berühmten Nürnberger Goldschmied Wenzel Jamnitzer; ferner kostbare Landkarten, ausgestopfte Tiere, zahlreiche Werkzeuge für Tischler, Drechsler, Schlosser, Goldschmiede, Barbiere und Wundärzte; ferner Feuerzeuge, Schreibmaterialien aller Art, Stempel und Petschafte, Schach, Mühle und andere Spiele, Prismen, Wagen und Gewichte, eine kostbare Büchersammlung von 288 Stück, Hirschgeweihe, Gemsenhörner,

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/53&oldid=- (Version vom 9.12.2022)