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hervorragenden Werks von Pheidias bezweifelt worden, ohne daß indes ein anderer Künstler als Schöpfer genannt werden konnte. Georg Treu entdeckte ferner, daß ein merkwürdiger Rumpf zu einer Kopie der rasenden Mänade des Skopas gehörte.

Die Ergänzungen aber wurden mit weiser Vorsicht so vorgenommen, daß die ergänzten Stücke jederzeit wieder leicht beseitigt werden konnten. Vollständige Gipsabgüsse in der Form der Ergänzung stehen neben den ergänzten und zerlegbaren Werken. Dieses Verfahren ist von der archäologischen Wissenschaft als mustergültig anerkannt und von vielen auswärtigen Gelehrten in Dresden zwecks Nachahmung studiert worden. Dem Wunsche des Publikums, nicht bloß verstümmelte Reste zu sehen, wie dem nicht minder berechtigten Wunsche der Forscher, jede Zutat der Neuzeit sofort erkennen und die Ergänzung nachprüfen zu können, kommt dieses Verfahren in gleicher Weise entgegen. Erweitert wurde die Sammlung der antiken Bildwerke namentlich durch griechische Originale, soweit solche zu erlangen waren, und insbesondere nach der Seite der bisher vernachlässigten Kleinkunst, so daß das Gesamtbild dieses Teiles der Sammlung vielfaltiger und mannigfaltiger und tiefer geworden ist.

Treu hat überdies das Verdienst, die Frage, ob die antiken Bildwerke farbig gewesen sind, neu in Fluß gebracht und zu ihrer Lösung im bejahenden Sinne viel beigetragen zu haben. Zahlreiche Belegstücke hierfür sind im Museum zusammengebracht und in geeigneter Weise verwertet, so daß man diese wichtige Frage hier bequem studieren kann. Sehr zugute gekommen ist dem Dresdner Museum die hervorragende Teilnahme an den Ausgrabungen des deutschen Reiches in Olympia. Die Gipsabgüsse sämtlicher Bruchstücke sind im Museum studiert, nach Möglichkeit zusammengestellt und ergänzt worden, so daß man die beiden gewaltigen Giebelgruppen vom Zeustempel in Olympia und die sonstigen daher stammenden griechischen Bildwerke nur hier in trefflicher Anschaulichkeit in dem großen Olympiasaale, der das Gegenstück zum Parthenonsaale bildet, beisammen findet.

Aber auch der modernen Kunst hat Treu seine volle Aufmerksamkeit zugewendet. Die französische und die belgische, die englische und amerikanische Plastik der Neuzeit sind in der modernen Abteilung der Gipsabgüsse durch ausgezeichnete Proben vertreten,

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/332&oldid=- (Version vom 17.2.2023)