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geschmückt mit Bildsäulen, Erkern, ornamentierten Friesen, Wappen, Bildnis-Medaillons und Reliefs – ein kräftiges Zeugnis des neuen Kunstgeistes im 16. Jahrhundert, der die Architektur wesentlich dekorativ behandelte.

Der gewaltige Schloßbrand des Jahres 1701 hat leider den Georgenbau von Grund aus zerstört, so daß von dem stattlichen Gebäude nur wenige Reste übrig geblieben sind. Ein einheitlicher Gedanke ging durch seinen künstlerischen Schmuck: an der Nordseite war dargestellt, wie der Tod durch die Sünde in die Welt gekommen ist, an der Südseite die Erlösung der Welt von der Sünde durch Christi Opfertod. Dieser Gedankengang mochte dem Herzog Georg wohl naheliegen, denn der bedauernswerte Mann sah alle seine fünf Söhne und drei von seinen vier Töchtern dahinsterben, während des Baues starben seine Gattin Barbara 1534 und seine Tochter Magdalene, drei Jahre später sein letzter Sohn Johann. So pochte der Tod gewaltig an die Pforte seines fürstlichen Hauses. Kein Wunder, daß wir hier und anderwärts in der Stadt aus jener Zeit mannigfache künstlerische Hindeutungen auf den Tod finden. Mit der Darstellung des Todes aber einte Herzog Georg, der hartnäckige Verfechter des katholischen Glaubens inmitten eines Volkes, das sich mehr und mehr der protestantischen Lehre zuwandte, eine künstlerische Darstellung seines Glaubensbekenntnisses: eine Mahnung zugleich und ein Trost im Leid.

Von der Nordseite des Georgenbaues ist vor allem das Tor erhalten, das beim Umbau des Schlosses 1899 in den Schloßwinkel gegenüber der katholischen Hofkirche versetzt wurde. Am Schlußstein des Bogens ist eine kleine Scheibe mit einem Totenkopf angebracht; in den Zwickeln sehen wir in feinem flachem Relief das erste Elternpaar trauernd um das verlorene Paradies, links Adam mit der Hacke im Arm, rechts Eva mit dem Spinnrocken und einem Kind auf dem Schoß; beiderseits üppige Apfelzweige mit Blättern und Äpfeln, die Adam und Eva mit der Hand umfassen. Man sieht, wie sich der Künstler bemüht hat, die beiden Gestalten ohne Zwang in den Zwickeln unterzubringen und mit Hilfe der Apfelzweige den Raum anmutig zu füllen. Reich verziert sind die Füllungen der Pilaster, die Bogen, die Schäfte, die vortretenden beiden kandelaberartigen Säulen, die Füllungen des

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Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/32&oldid=- (Version vom 5.12.2022)