Seite:Paul Schumann - Dresden.pdf/306

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

zugewendet haben, nicht als der beste. Auch das Reiterstandbild des Königs Johann von Johannes Schilling ist auf dem Theaterplatze nach den gleichen älteren Anschauungen in der Achse des Hofopernhauses und des Museums aufgestellt. In der Gestaltung des Reiters hat der Künstler feierliche Würde angestrebt, während Max Baumbach beim König Albert-Denkmal mehr bemüht war, Pferd und Reiter durchaus naturgetreu wiederzugeben. Dieses zweite Reiterdenkmal steht ebenfalls regelrecht in der Achse des Hauses, das seinen Hintergrund bildet, nämlich des Ständehauses. Mehr Monumentalität und Stil und eine wirksamere Aufstellung dürfen wir wohl von dem geplanten König Georg-Denkmal erwarten, das voraussichtlich Georg Wrba und Hans Erlwein an der Rampe der Treppe vom Eibufer zum Theaterplatz errichten werden.

Anspruchsloser als diese Reiterstandbilder sind die Denkmäler für Gottfried Semper von Johannes Schilling und für Ludwig Richter von Kircheisen auf der Brühischen Terrasse. Dem Rietschel-Denkmal ähnelt in der Auffassung das Ludwig Otto-Denkmal von Gustav Kietz, bestehend aus einer Büste mit vier Knaben am Sockel, die den vierstimmigen Gesang veranschaulichen sollen. Es steht auf dem Georgplatz seitwärts des Körner-Denkmals; ihm entspricht auf der anderen Seite die in derber Charakteristik gehaltene Büste Gutzkows von Emmerich Andresen. Unter den neuen Standbildern behauptet sich recht wohl das ältere der Kurfürstin Anna von Robert Henze, eine Gestalt voll ruhiger Natürlichkeit und Anmut.

ZIERBRUNNEN.

Die schönsten Brunnen hat für Dresden Robert Diez geschaffen. Der Gänsediebbrunnen auf dem Ferdinandplatze (1880) verschaffte dem Künstler einen Weltruf. Der fahrende Gesell, der eben als willkommene Beute zwei Gänse erhascht, ist mit so frischer Natürlichkeit dargestellt, dabei so vollendet in der künstlerischen Durchbildung, daß er den Erfolg des Tages überdauert hat. Denn der gesunde Realismus mußte im Jahre 1880, als der Klassizismus in Deutschland noch lange nicht überwunden war, noch weit stärker wirken als jetzt. Das Motiv des Brunnens steht übrigens mit Dresden in unmittelbarer Beziehung; denn Robert Diez entnahm es der Lebensbeschreibung des Thomas Platter, der als fahrender Schüler (als Schütz) um 1572 mit seinem älteren Vetter Paulus Summermatter und anderen

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/306&oldid=- (Version vom 1.4.2023)