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In diese Reihe monumentaler Stilbauten gehört endlich das Kaiserkaffee von Kurt Diestel, dessen Formensprache an den Empirestil anklingt, der indes vollständig frei verwendet ist. Der imposante Bau beherrscht den freien Platz gegenüber dem Hauptbahnhof in prächtiger Weise.

MALEREI.

In den 1860er Jahren herrschte an der Kunstakademie und in der noch nicht allzu zahlreichen freien Künstlerschaft noch immer der Gegensatz zwischen den komponierenden Münchnern und den Düsseldorfern, die als Koloristen galten. Anfang der 1870er Jahre machte sich an der Akademie das Bedürfnis nach einer Auffrischung geltend. Mehr und mehr brach sich die Erkenntnis Bahn, daß die ursprünglich als Koloristen geltenden Maler, wie Hübner und Ehrhardt, nur noch nach Schulrezepten malten und daß neue Kräfte nötig seien, damit die Schüler der Akademie auch nach der koloristischen Seite das erlernen könnten, was nach dem damaligen Standpunkt der Entwickelung malerisch genannt wurde. Zu diesem Zwecke wurde 1876 aus Weimar der Belgier Ferdinand Pauwels berufen, der an die Spitze eines Meisterateliers für Historien- und Genremalerei trat und der dann Leon Pohle nach sich zog, damit auch in dem vorbereitenden Malsaale die neue malerische Richtung zur Geltung käme, Für die damalige Zeit bedeutete das Wirken der beiden Künstler einen Fortschritt. Indes die Reform war nichts weniger als gründlich. Leonhard Gey und Julius Scholz wurden noch an die Akademie berufen, beide an falsche Stellen, der ausgesprochen koloristisch begabte Scholz an den Gipssaal und der farbenunkundige Schüler Schnorrs Leonhard Gey in die Naturklasse. Pauwels trat überdies sowohl als Mensch wie als Maler mehr und mehr auf die Seite der komponierenden Kartonkünstler. So wurde durch die Machtmittel des akademischer Rates, besonders durch Ernst Hähnel, die klassizistische Richtung weiter gestützt und frisches Streben sowie der Anschluß an die sonstige Entwickelung der Kunst in Deutschland hintangehalten. Eine vereinzelte kritische Stimme im Dresdner Anzeiger erregte wohl Ärgernis, brachte aber zunächst keine Änderung. Erst die starke Niederlage der Dresdner Kunst auf der großen Berliner Kunstausstellung 1891 brachte auch den maßgebenden Kreisen die Notwendigkeit einer Reform zum Bewußtsein.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/300&oldid=- (Version vom 28.1.2023)