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Wenn sich hier trotzdem nicht die gewöhnlichen Übelstände der Sternplätze ergeben haben, so liegt dies einesteils daran, daß der Verkehr in Neustadt an sich nicht übermäßig groß ist, andernteils an dem großen Umfange des Platzes und seiner Teilung durch die gärtnerischen Anlagen, die auch den Verkehr verteilen. So hat sich Augusts des Starken Stadtanlage bis heutigen Tages bewährt.

Weniger erfreulich ist das Bild des ehemaligen Wilsdruffer jetzt Postplatzes, von dem aus durch die Wettiner Straße eine neue geradlinige Verbindung der inneren Stadt mit der Friedrichstadt geschaffen wurde. Von einem geschlossenen Platzbilde ist hier keine Rede mehr, und der geringe Raum ist dem starken Verkehr nur schwer gewachsen.

Weiter ist hier noch die König Johannstraße zu erwähnen. Wie sich vier Jahrzehnte früher eine gerade Verbindung der Altstadt mit dem Süden notwendig gemacht hatte, so regte sich jetzt das Bedürfnis einer geraden Verbindung vom Stadtkern nach Osten zu. Sie erschien nur möglich, wenn man von der Badergasse nach dem Pirnaischen Platze zu durchbrach. Diese Verbindung wurde erreicht durch die König Johannstraße, in der die ehemalige Badergasse aufgegangen ist. Damit wurde auch der große westöstliche Straßenzug durch die ganze Stadt im wesentlichen erst geschaffen. Der überaus starke Verkehr, der sich jetzt vom Altmarkt zum Pirnaischen Platze bewegt und von dort in verschiedene Arme teilt, zeigt, wie notwendig dieser Durchbruch war. In architektonischer Hinsicht sind die neuen Häuser ein Zeugnis des damals herrschenden Dresdner Stils. Im Gegensatz zu dem Hungerstil um 1780 prägte man für die unruhigen und überladenen neuen Häuser an der Gewandhausstraße das Spottwort vom Zippel-Zappelstil. Der Pirnaische Platz, auf den nicht weniger als acht Straßen münden, ist gleich dem Postplatz einer jener berüchtigten Sternplätze, welche die zu neuem Leben erwachte Städtebaukunst jetzt nach Möglichkeit vermeidet – aber der Durchbruch an sich bedeutet einen Fortschritt in der Entwickelung Dresdens. Auch hat der Altmarkt durch ihn nicht wesentlich an seiner Schönheit als ein saalartig geschlossener Raum unter freiem Himmel eingebüßt. Im Zusammenhang mit dieser Straßenschöpfung wurde dann die Moritzstraße nach der Johann Georgen-Allee durchgebrochen und damit ein neuer bequemer Zugang zum Großen

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/276&oldid=- (Version vom 23.3.2023)