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seiner Hand besitzt die Galerie nur ein reizvolles Gemälde aus seiner frühen Jugendzeit – die Familie Johannes des Täufers bei der Familie Christi – und eines aus seiner letzten Zeit, als er das Heil der Kunst in der Nachahmung der großen italienischen Renaissancemaler sah. Sein Hauptwerk aus dieser Zeit ist die Bilderbibel, die dieses Streben Schnorrs deutlich widerspiegelt.

Von Schnorrs Schülern fanden Dietrich und Gey Gelegenheit zu monumentalem Schaffen, ohne aber irgendwie Bedeutendes zu leisten. Anton Dietrich stellte 1868–73 in der Aula der Kreuzschule in acht Gemälden die Aufgabe der Schule dar: sittliche und geistige Bildung, verkörpert durch ihre bedeutendsten Vertreter vom Altertum bis zur Neuzeit. Er malte ferner die Zwickelbilder in der Aula der Technischen Hochschule, das gleichgültige große Altarbild in der Kreuzkirche und das ganz verunglückte Gemälde im Giebel des Finanzministerialgebäudes. Leonhard Gey malte 1882–84 vier Fresken in der Aula des Kgl. Gymnasiums zu Dresden-Neustadt: das Siegesfest von Salamis, das Urteil des Brutus, Barbarossas Abschied von Regensburg zu einer Kreuzfahrt, Luthers Bibelübersetzung.

Äußerlich herrschte auch nach 1849 ein gewisses reges Kunstleben. Der Gegensatz zwischen der Münchner und der Düsseldorfer Schule trat lebhaft in die Erscheinung. Die Partei der Düsseldorfer, die sich anfänglich um Bendemann gruppiert hatten, bildeten namentlich die Maler Julius Hübner und Ehrhardt und der Holzschneider Hugo Bürkner, auf der anderen Seite stand Schnorr mit seinen Anhängern und Schülern, die als „Komponisten“ mit großem Hochmut auf die „Koloristen“ herabsahen, als welche die Düsseldorfer galten. Der Bildhauer Hähnel stand auf Schnorrs Seite. Er pflegte zu sagen, die Zeiten, wo das Malerische in der Kunst herrsche, seien Zeiten des Verfalls, so galt ihm auch die Zeit der großen Niederländer Rembrandt und Frans Hals als eine Periode des Niederganges. Wie wunderlich erscheinen uns solche Anschauungen! Der Kolorismus der Hübner und Genossen erscheint uns heute nur noch als ein Wollen mit unzureichenden Mitteln, ihre Romantik als ein unselbständiges Anlehnen an die Dichter. Hübner stellte 1854 in einer akademischen Ausstellung ein Gemälde aus Die große Babel und schrieb darunter: „Machts besser“. Ein witziger Kopf der Gegenpartei übermalte

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/262&oldid=- (Version vom 12.3.2023)