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SEMPERS HAUPTBAUTEN.

Widmen wir noch jedem einzelnen von Sempers Bauten einige Worte. In der Villa Rosa und im alten Hoftheater verwendete er die Formen der italienischen Frührenaissance in reizvoller und anmutiger Weise. Der verhältnismäßig schlichte Bau der Villa ist das Vorbild für zahlreiche folgende Villen Dresdens geworden, die ihr Vorbild wohl an Pracht und Reichtum überboten haben, nicht aber an Ursprünglichkeit und Frische.

Das neue Hoftheater war insofern eine bedeutsame Tat, als hier zum ersten Male das moderne Theater als eine selbständige monumentale Schöpfung auftrat, während es früher fast stets nur als Anhängsel eines fürstlichen Schlosses, als einfacher Saaleinbau aufgefaßt worden war, Semper hatte es wohl verstanden, die mannigfachen Räume, die ein modernes Theater erfordert – Bühne, Garderobe, Zuschauerraum, Foyer usw. – in einem einheitlich geschlossenen, klar und einfach gegliederten Bauwerk unterzubringen. Es wies die feinen zurückhaltenden Formen der Frührenaissance auf. Im Innern aber war durch die edlen Verhältnisse, die ungemein sorgfältig durchgebildete anmutige Ornamentik und die harmonische Farbengebung wohl erreicht, was Semper in seinen Vorlesungen mit Vorliebe forderte: die Poesie des Raumes. Als das Theater eröffnet wurde, erregte es durch den Adel und die Wärme seiner Erscheinung das Entzücken von ganz Deutschland. Der Meister selbst freilich, verärgert durch die Anfeindungen der Gegner, nämlich der Anhänger der eingebürgerten „edlen Einfachheit“ und der romantischen Gotiker und durch die überaus abfällige Kritik des Werkes während seines Baues, fehlte am Eröffnungstage im Theater. Aber der Ruf Sempers als eines der ersten Architekten Deutschlands stand nunmehr fest.

Kraftvoller tritt uns die italienische Renaissance dann im Oppenheimschen Palais entgegen. Semper ist hier zu den volleren Formen der Hochrenaissance übergegangen. Einheit und Monumentalität kann man dem vornehmen Bau sicherlich nachrühmen, wenn man auch mit der Verpflanzung dieser fremden Formen auf deutschen Boden nicht einverstanden sein mag.

Um den Platz für das neue Museum (die Gemäldegalerie) entspann sich in Dresden ein heftiger Kampf, der in ganz Deutschland seinen Widerhall fand. Obwohl in der ersten Kammer Prinz

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/251&oldid=- (Version vom 3.3.2023)