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der 1779 verstorben war, war von Historienmalerei gar nicht mehr die Rede, kaum daß noch einige wackere Bildnismaler, so der in Kinderköpfen besonders glückliche Christian Leberecht Vogel (1759 bis 1816) und der kernhafte Anton Graff († 1813) eine gewisse Auszeichnung verdienten. So herrschte denn auch noch, als ich nach Dresden kam (1814), eine große Flauheit der Kunst vor, und jedermann weiß, wie namentlich im geschichtlichen Fache erst so viel später durch den neuen aus den Schulen von Cornelius in München und Schadow am Rhein hervorgegangenen Einfluß, eine merkbare Erfrischung und Erhebung derselben herbeigeführt wurde. Achtet man jedoch auf das Eigentümliche solcher Perioden, der Erniedrigung, so wird man finden, es ist dann eine Art von Schwüle in der Luft, eine gewisse Stille, die auf etwas Neukommendes, und somit wieder auf eine künftige Entwickelung deutet. Brechen dann wirklich die ersten jungen Triebe der Erneuerung hervor, so ist dann zugleich eine besondere Teilnahme, ein allgemeineres Interesse daran vorhanden, ein Interesse, welches gewöhnlich sich mehr verliert, wenn nun wieder die volle Zeit des Treibens angebrochen ist, und Kunstwerke bedeutender Art in ganzen Massen sich hervordrängen. Solche stille Zeit nun, mit nur noch einzelnen sich ankündigenden Trieben war also damals auch um mich her: Kaspar David Friedrich (geb. 1774 zu Greifswald, seit 1798 zu Dresden, 1824 Professor an der Akademie, gest. 1840) mit seiner etwas starren und trüben, aber hochpoetischen Weise war überhaupt und insbesondere in der Landschaftsmalerei der erste, der hier das Philistertum angriff und aufschüttelte, und es hatte viel Aufsehen gemacht, als über eines seiner Bilder – ein Kruzifix auf dem Felsen unter dunkeln Tannen und vor den verglühenden Wolken der Abendröte ⠀ ein literarischer Streit sich erhob, der für ihn von dem ihm befreundeten Gerhardt v. Kügelgen, gegen ihn von einem banalen Dilettanten, einem gewissen Herrn v. Ramdohr zum Nachteil des letzteren durchgefochten wurde. Dabei war die Zahl der Kunstwerke, die entstanden, ganz gering. So eine damalige Ausstellung füllte etwa drei mäßig große Räume, eins, das Professorenzimmer genannt, für die Herren von der Akademie (um eine gehörige Rangordnung zu beobachten), eins für die Fremden, die Kunstfreunde und die nicht zünftigen Künstler, und eins für die akademischen Schüler. Hier war denn die Übersicht

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/234&oldid=- (Version vom 14.2.2023)