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Lisenen teilweise rund geführt sind. Reiche Rokoko-Ornamentik in angetragenem Stuck anmutig pyramidal angeordnet zeigt das Haus Moritzstraße Nr. 6. Besonders bemerkenswert ist das schöne Haus Neumarkt Nr. 10 (Stadt Rom), 1773 erbaut in Knöffels Weise. Ausgezeichnet ist es durch schmuckvolle Erker an den Ecken, einen stattlichen Balkon auf Tragsteinen und einen ausgezeichnet durchgebildeten Grundriß. Zahlreiche andere Häuser aus dieser Zeit sind ganz schmucklos, nur die Haustür ist mehr oder minder stattlich in Rokokostil durchgebildet und mit Holzschnitzerei, Bronze- oder Messingbeschlag versehen, so das Josephinenstift Große Plauenschestraße Nr. 16 von Exner, an der Frauenkirche Nr. 17, Pirnaischestraße Nr. 1 vom Hofkondukteur Hahmann.

Von Racknitz gibt in seiner Geschichte des Geschmackes folgendes richtige Urteil ab:

„Die kursächsische Residenz Dresden wird unter die schönsten Städte Deutschlands gerechnet, und man kann in gewisser Hinsicht behaupten, daß der Blondelsche Geschmack zu ihrer Verschönerung beigetragen hat. Es befinden sich nämlich daselbst nur wenige öffentliche Gebäude, die durch architektonische Vorzüge die Aufmerksamkeit der Kenner anregen, dagegen haben die Bürgerhäuser einen gefälligen und reinlichen Charakter, der zugleich, wenn auch nicht Reichtum, doch einen Wohlstand ankündigt, der auf jeden Fremden beim ersten Anblicke einen angenehmen Eindruck macht und wodurch Dresden zu einer der vorzüglichsten Städte Deutschlands wird. Die innere Einrichtung der Gebäude ist dagegen so beschaffen, daß ihre Besitzer daraus guten Nutzen ziehen; mit einem Worte: was man gute bürgerliche Baukunst nennt, ist in Dresden häufig angewandt zu sehen. Geht man aber auf die Ursache zurück, welcher man diese Vorteile und Annehmlichkeiten verdankt, so findet man solche darin, daß die sächsischen Architekten den Blondelschen französischen Geschmack mit Einsicht benutzten, nicht aber die große, nur für öffentliche Gebäude und Paläste anwendbare Bauart der Italiener nachahmten. Denn was die innere Einteilung der Zimmer und die täglichen häuslichen Bequemlichkeiten anlangt, so kann man nicht in Abrede stellen, daß hierin Blondel, Briseux und andere Franzosen den Italienern vorzuziehen sind. In diesem Zeitraume von 30 bis 40 Jahren, wo der Blondelsche Geschmack in Sachsen

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/226&oldid=- (Version vom 31.1.2023)