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August III. nur ganz wenig erworben, wichtig aber ist, daß der Hofmarschall Freiherr zu Racknitz im Schlosse die sieben Teppiche nach Raffaels Kartons wieder auffand, die Papst Leo X. seinerzeit dem Dresdner Hof geschenkt hatte. Der Papst hatte in Arras je ein Exemplar für die Petrikirche zu Rom, für den Wiener und den Dresdner Hof herstellen lassen. Die Dresdner Teppiche waren verschollen. Kardinal Albani erzählte indes eines Tages dem Professor Casanova, es müßten in Dresden Teppiche nach Raffaels Zeichnung vorhanden sein. Als Casanova gelegentlich in Dresden davon sprach, gab das Anlaß, im Schlosse nach den Teppichen zu suchen. Freiherr von Racknitz fand sie und ließ sie reinigen. Sie wurden dann der Galerie einverleibt und bilden seitdem einen ihrer Hauptschätze. Zu bemerken ist endlich, daß der Kurfürst Friedrich August die Münzsammlung durch beträchtliche Ankäufe vermehrte und daß er für die kurfürstliche Bibliothek unter anderem die Gräflich Brühlsche Büchersammlung (62 000 Bände) und die Gräflich Bünauische Bibliothek (42 000 Bände), sowie die kunstgeschichtlichen Bücher des Herrn v. Heinecken erwarb. Unter ihnen befanden sich zahlreiche Bände, die als kunstgewerbliche Leistungen hervorragen.

ARCHITEKTUR.

Der Gegensatz zwischen höfischer und bürgerlicher Architektur, der schon unter August dem Starken bestanden und auch unter August III. nicht geruht hatte, tritt auch in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in die Erscheinung. Unter August dem Starken waren die Gegensätze: der Deutsche Pöppelmann, dessen reiche Phantasie in Italien befruchtet worden war, und die Franzosen de Bodt und Longuelune; auch gegen Bähr, den Erbauer der evangelischen Frauenkirche, wandten sich die französischen Architekten und ihre Anhänger. Dann kam Chiaveri, der Vertreter des römischen Barockstils, der natürlich auch unter den Gegnern von Bährs Werken zu finden war, später aber von Knöffel und anderen so bittere Anfeindung erfuhr, daß er Dresden verließ. Chiaveri hat außer dem herrlichen Kirchenbau so gut wie keine Spuren in Dresden hinterlassen. Nur in den beiden Häusern Töpferstraße 2 Ecke Augustusstraße und Hauptstraße 7 mit der Schauseite Obergraben 3, deren Stil wesentlich von dem Dresdner Barockstil abweicht, hat man den Einfluß Chiaverischen Stils gefunden. Das letztgenannte vornehm wirkende Haus in reiner

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/218&oldid=- (Version vom 31.1.2023)