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schieben wir eine Krankenbaracke ein: die Beziehung zwischen Architektur, Garten und Brunnen ist zerstört, das imposante Kunstwerk steht nun da in einem abgelegenen Winkel. Vergeblich mühen wir uns, das Geld zusammenzubringen, um einem der imposantesten Kunstwerke aus Dresdens großer Kunstzeit einen besseren Platz zu geben. Viele andere Kunstwerke aus Permosers, Mattiellis und Knöfflers Zeit sind zerstört, verkauft und heimatlos geworden. Ein Glück noch, wenn sie in einem Museum oder in einer Schule eine leidliche Stätte finden.

CANALETTO.

Der Allerweltskunst der italienischen Plafondmaler, die uns in der katholischen Hofkirche zwar noch immer effektvoll, aber gänzlich gehaltlos entgegentritt, hat das Zeitalter der beiden Auguste erfreulicherweise auch Besseres und Dauerndes entgegenzusetzen. Da ist vor allem Bernardo Beiotto, genannt Canaletto (d. h. der kleine Canale als Sohn des großen Antonio Canale). Er wurde 1728 zu Venedig geboren. Gleich seinem Vater malte er Städteansichten, dazu antike Gebäude in Rom, Verona, Brescia und Mailand. Dann berief ihn König August III. nach Dresden; hier hat er die Fülle von Ansichten aus Dresden, auch einige von Pirna und Königstein gemalt, die in der Galerie noch heute unser Entzücken bilden. Einmal, weil sie so getreue geschichtliche Urkunden bilden und uns genau unterrichten, wie Dresden samt seinen Besuchern damals aussah, dann aber auch ihres künstlerischen Wertes wegen. Graf Algarotti teilt uns mit, daß alle diese Bilder mit der camera obscura gemalt sind. Er widmet dem Gebrauch dieser damals noch nicht zu alten Erfindung ein besonderes Kapitel seiner „Versuche über die Architektur, Malerei und musikalische Oper“. Er ruft aus: „Könnte man ein Bild zu sehen bekommen, das die Natur selbst gemalt hätte, und es mit Bequemlichkeit studieren, wie nützlich würde das sein!“ Heute kann man dieser Frage die Lumièreschen Farbenphotographien entgegenhalten. Damals verwies Algarotti auf die camera obscura. Er rühmt die Deutlichkeit und Stärke ihrer Bilder, die Richtigkeit der Umrisse, der Perspektive und des Helldunklen, die unübertreffliche Lebhaftigkeit und Milde der Farben, auch daß man ihre Abtönung und die Fülle der Töne überhaupt leicht und gut beobachten kann, weil die ganze Sehkraft nur auf einen einzigen durch die camera abgesonderten Gegenstand gerichtet wird. Weiter sagt er u. a.:

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/211&oldid=- (Version vom 3.3.2023)