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die dicktropfigen Tränen, all das macht uns mehr den Eindruck des künstlich angeordneten als wirklicher Zerflossenheit in Schmerz.

Auch die Goldschmiedekunst des 18. Jahrhunderts ist in der katholischen Hofkirche reich und zum Teil mit ausgezeichneten Stücken vertreten. Ganz besonders bemerkenswert sind Meßkelch, Teller und zwei Kännchen, Meisterwerke des berühmten Augsburger Goldschmiedes Christian Drentwett († 1737) mit getriebenen Ornamenten von dem Goldschmied J. A. Thelot (1654—1734). Auch die reichverzierten sechs silbernen Kandelaber auf dem Hochaltar sind Augsburger Herkunft – von Josef Ignaz Bauer 1752. Den Rokokostil vertreten besonders die wirkungsvoll gestalteten 22 Kandelaber in versilbertem Kupfer, den klassizistischen Stil ein schöner Dresdner Meßkelch von ungefähr 1780. Noch strenger in den Formen ist dann das silberne Tabernakel vom Hofjuwelier Schrödel 1810.

LORENZO MATTIELLI.

Lorenzo Mattielli, dem die katholische Hofkirche den Hauptteil ihres plastischen Schmuckes verdankt, wurde auch sonst vom Hofe und seinem Anhang stark begünstigt und beschäftigt. Von ihm stammt vor allem die großartige Brunnenanlage im Garten des Friedrichstädter Stadtkrankenhauses, zu der der Architekt Longuelune die Zeichnung geliefert haben soll. Das Palais mit dem Garten ließ Prinz Friedrich Ludwig von Württemberg 1728 erbauen. Der Kabinettsminister Graf Heinrich von Brühl kaufte beides nach dem Tode des Prinzen 1735; er vervollständigte die Baulichkeit, legte eine Orangerie an und ließ im Garten zahlreiche Bildwerke aufstellen, darunter den Neptunbrunnen. In Caserta bei Neapel und in Schönbrunn bei Wien stehen Brunnen gleicher Art. Ein imposanter Aufbau in drei Geschossen. Obenauf Poseidon im Muschelwagen stehend mit dem erhobenen Dreizack in der Rechten, den rechten Fuß auf einem Delphinkopfe, in gebietender Haltung, wie wenn er den ungestümen Tritonen und Winden ein Quos ego (Wart, ich will euch) zuriefe. Neben ihm thronend, mit dem Szepter in der Hand, Amphitrite: Kraft und Anmut die beiden, in göttlich freier Würde. Auf dem Rand der Muschel zu Füßen der Meereskönigin eine jugendliche Nymphe, zu Füßen Poseidons schwebt ein geflügelter Zephyr. Ein fischschwänziger Triton bläst unten mächtig in ein Muschelhorn zu dem Beherrscher des Meeres empor. Die Nereide und der Zephyr

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/204&oldid=- (Version vom 2.3.2023)