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Man wundert sich nicht, daß der eine diesen geistreich erfundenen Turm wuchtig, der andere ihn zierlich nennt. Am wenigsten wirksam ist die Ansicht der Kirche von der Seite, wenn Turm und Obergeschoß getrennt erscheinen, herrlich aber sind die Blicke vom Eingang zum Museum auf den Chor und von der Augustusbrücke auf den Turm.

Die innere Ausstattung der Kirche zeigt, obwohl sie zum Teil erst aus der Zeit nach dem Siebenjährigen Kriege stammt, fast ausschließlich die Formen des Barockstils, so das geschnitzte Gestühl, die Beichtstühle, die prachtvolle Orgel von Silbermann mit dem Gehäuse von Johann Joseph Hackl, die trefflichen Türen der Kirche mit Schnitzereien von demselben, die Permosersche Kanzel in Weiß und Gold mit den etwas wirren Umgestaltungen von demselben Hackl und anderes. Die beiden Seitenaltäre zeigen die barocken Formen schon stark mit Rokokomotiven durchsetzt. Für den Hochaltar malte Anton Raffael Mengs das über 9 m hohe Bild der Himmelfahrt Christi. Als es 1765 aufgestellt wurde, fand es hohe Bewunderung; uns läßt es kühl. Antonio Correggio und Raffael Sanzio, deren Vornamen Mengs bei der Taufe erhalten hatte, waren seine Vorbilder und haben auch bei dem Bilde Pate gestanden. Wir haben keine Freude mehr an solchen Nachahmungen und übersehen deshalb auch leicht, was gut an dem Bilde ist. Weit geringer sind die beiden Gemälde über den Seitenaltären: die Jungfrau mit dem Kinde auf der Mondsichel und Josephs Traum, beide ebenfalls von Mengs. Die Altarbilder in den vier Kapellen stammen von Louis de Silvestre (Abendmahl), Pietro Rotari (Tod des heiligen Franz von Xaver), Stefano Torelli (Predigt des heiligen Benno), Carl Palko (Tod des heiligen Nepomuk) und von Charles Hutin (die Kreuzigung), durchweg nicht hervorragende Leistungen; das beste, in der Komposition sorgfältig erwogene, ist das Hutinsche. Die Decken der vier Kapellen sind in der zeitüblichen Weise in Untersichtmalerei gemalt: in der Sakramentskapelle sehen wir die Anbetung des Kelches von Stefano Torelli, in der Benno-Kapelle das Wirken und die Himmelfahrt des heiligen Benno von Anton Maulbersch, das kräftigste und lebendigste von diesen Bildern, in der Nepomuk-Kapelle die Verherrlichung des heiligen Johannes von Nepomuk von Carl Palko 1754, in der Heiligen Kreuz-Kapelle das Opfer Abrahams und Moses mit der

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Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/200&oldid=- (Version vom 24.2.2023)