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Zeichnungen zu den Standbildern am Äußeren der Kirche entworfen haben sollte. Offenbar hat er sie nur nach Mattiellis Entwürfen für den Kupferstecher Zucchi gezeichnet. Diesen Künstlern und den Bauleuten gestattete der König, sich ganz in der Nähe des Bauplatzes am Zwinger Wohnhäuser zu erbauen. Auf diese Weise entstand das sogenannte Italienische Dörfchen, dessen letzte Reste in den 1850 er Jahren wieder verschwunden sind. Der Name aber ging dann auf Helbigs Gasthaus an der Elbe über, das nun auch in den nächsten Jahren dem Neubau der Augustusbrücke und der Regelung des anschließenden Elbufers zum Opfer fallen wird.

Der Bau der Kirche dauerte von 1739–56. Von 1746 wurde er längere Zeit unterbrochen, weil Chiaveris Neider verbreitet hatten, die Wölbung des Schiffes drohe einzustürzen. Scharenweise verließen die Arbeiter den Bau, und erst als der Maler Raffael Mengs mit seinem Vater Ismael das Gewölbe bestiegen und damit den Beweis seiner Festigkeit geliefert hatte, wurde der Bau fortgesetzt. Chiaveri aber ließ, der Anfeindungen müde, 1749 den Bau im Stich und kehrte nach Italien zurück. An seiner Stelle übernahm Knöffel den Weiterbau, von ihm stammt der Chor und der innere Ausbau der Kirche. Am 29. Juni 1751 ward die Kirche eingeweiht. 1752 starb Knöffel, von 1753–56 vollendete der Oberlandbaumeister Julius Heinrich Schwarze den Turm nach Chiaveris ursprünglichem Plan. Die katholische Kirche ist ebenso rein kunstgeschichtlich wichtig, wie bedeutsam für Dresdens Stadtbild. Sie steht an der hervorragendsten Stelle der Stadt, das Hauptportal mit dem Turm dem Eingang der Augustusbrücke zugewandt. Der geistvoll durchgebildete Turm (83 m), der sich in vier Säulen und Geschossen nebst Helm und Kreuz so frei und sicher aufbaut, beherrscht das großartige Stadtbild, besonders wie es sich dem Blick von der Augustusbrücke her darbietet. Nicht minder eigenartig und wirksam ist die Überhöhung des Mittelschiffs über den Seitenschiffen, und überaus geschickt wird die Wirkung des Baues gesteigert durch die 59 Sandsteinstandbilder, die auf den Balustraden der beiden Geschosse stehen. Die wohlberechnete Größe, die wirksame Silhouette und mit ihr die Charakteristik der Heiligengestalten, alles das zeigt den Barockstil auf der Höhe seiner Kraft. Die Silhouette, die geschickt behandelte Oberfläche, die dekorative Wirkung bilden ja in ihrer Vereinigung die Hauptstärke der barocken Plastik.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/196&oldid=- (Version vom 2.3.2023)