Seite:Paul Schumann - Dresden.pdf/194

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Gemälde von Louis Silvestre. Spiegel mit geschnitzten Rahmen und Spiegeltische beleben die Schäfte zwischen den Fenstern. Die neue Kunstgewerbeschule birgt auch noch andere Zeugnisse des Rokoko aus dem Brühlschen Palais, vor allem die prächtige Eingangstür und die reizvollen Altangitter im großen Vortragssaale.

Schmuckreiche Rahmen aus der Rokokozeit findet man in der Gemäldegalerie. Ein bezeichnendes Beispiel ist der von dem Holzschnitzer Deibler um Liotards Schokoladenmädchen, dessen Ornamentik in netter Weise auf die Beschäftigungen und Freuden eines jungen Mädchens hinweist. Wie Treffliches Tischler und Holzschnitzer damals leisteten, zeigen besonders hölzerne Türen, die man hier und da in der Stadt noch trifft. Wie geschickt die Bildhauer sich dem neuen Stil anschmiegten, möge das Haus Frauenstraße 14 von Samuel Locke zeigen, dessen Erkerschmuck in entzückender Weise auf den Beruf des einstigen Erbauers und Besitzers, des Böttchermeisters Johann Köhler hinweist: ein Faß wird hergestellt: Putten hobeln die Dauben, zirkeln am Faßboden, schwefeln das Faß aus, treiben die Reifen an, spielen in der durchbrochenen Brüstung des Altans mit den Werkzeugen des Böttchers usw. Über und unter den Fenstern sind reiche Rokokoornamente angetragen; über der Tür ein Januskopf inmitten eines Weinberges, in dem Kinder arbeiten. Andere Beispiele bürgerlichen Wohnhausbaues jener Zeit sind das Stadtwaldschlößchen am Postplatz mit sehr zierlicher Ornamentik, das Haus Schössergasse 25, das nach Hasches Urteil weit über den ordinären bürgerlichen Geschmack hinausgeht und im Innern gänzlich die französischen Bequemlichkeiten zeigt, endlich das Neustädter Rathaus, ein Werk des Ratsmaurermeisters Christoph Berger und des Ratszimmermeisters Winkler. Es ist ganz schmucklos und wirkt nur durch seine stattliche Abmessungen und die sorgfältig abgewogenen Verhältnisse der Lisenen und Fenster. Ein Dachreiter zeichnet es aus mit der Wetterfahne in Gestalt eines wappenhaltenden Löwen.

CHIAVERI UND DIE KATHOLISCHE HOFKIRCHE.

Der einzige große Monumentalbau unter August III. war die katholische Hofkirche. August der Starke hatte seinen Sohn als Kurprinzen genötigt, ebenfalls zum katholischen Bekenntnis überzutreten, vom Bau einer katholischen Kirche aber hatte er abgesehen, sich vielmehr damit begnügt, das frühere Komödienhaus

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/194&oldid=- (Version vom 2.3.2023)