Seite:Paul Schumann - Dresden.pdf/191

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Abb. 92 Das Harmoniegebäude in der Landhausstraße
ehem. Gräflich Hoymsches Palais

an das Äußere erinnert. Die Architekten der Rokokozeit dagegen räumten im Innern ihrer Palais ihren Platz dem Dekorateur, dem Rahmentischler, dem Stukkateur ein. Dem Brühlschen Palais z. B. mit seiner schlichten Außenseite sah man es keineswegs an, wie reichgeschmückt das Innere war. Während der Architekt nach schlichter Klarheit und ruhiger Vornehmheit strebte und dabei manchmal in kahle Nüchternheit verfiel, ging der Dekorateur auf jene graziöse Bewegtheit, jene ruhelose flüssige Formengebung aus, die wir mit dem Namen Rokoko bezeichnen. Das Rokoko hat nichts mit der Außenarchitektur zu tun; es ist ein selbständiger Zierstil. Wie in der spätgotischen Zeit erlebt in der Rokokozeit das Wandgetäfel eine Glanzperiode. Das Rahmenwerk verdrängt aus den Innenräumen alle die vorher dort üblichen Formen der Baukunst; der Rahmen wird zu gleicher Zeit pflanzenhaft lebendig und umrankt nach Sempers treffendem Ausdruck die Füllung wie ein organisch Belebtes. Gesimse, Pilaster und Säulen verschwinden fast gänzlich. Auch die Regelmäßigkeit hört auf, die Symmetrie

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 179. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/191&oldid=- (Version vom 24.2.2023)