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erbaute jetzt eine Reihe vornehmer Palais: das Kurländer Palais nach dem Brande von 1728 für den Grafen Wackerbarth, (es erhielt den Namen von dem späteren Besitzer, dem Prinzen Karl Herzog von Kurland), weiter 1737 das Brühische Palais, das in unseren Tagen dem neuen Ständehaus Platz gemacht hat, und seine sämtlichen Nebenbauten, darunter das Belvedere im Brühlschen Garten 1750, das Friedrich der Große 1759 aus Haß gegen Brühl von Grund aus zerstören ließ, das Altstädter Rathaus 1741–45, das Graf Hoymsche Palais (jetzt Harmoniegebäude) in der Landhausstraße, weiter das Coselsche Palais. Schließlich ist vielleicht auch noch das Ministerhotel an der Seestraße das Werk Knöffels.

SÄCHSISCHER BAROCKSTIL.

Namentlich auf Grund dieser Bauten von Longuelune und Knöffel sprach man schon damals von dem sächsischen Barockstil, der sich einer gewissen Berühmtheit erfreute. Er vor allem hat der inneren Altstadt Dresdens das architektonische Gepräge gegeben; spricht man von Alt-Dresden, so denkt man an das Viertel, wo diese Bauten mit ihrer schlichten Vornehmheit den Ton angeben.

Wir nehmen uns ja nur selten die Mühe, diese alten Häuser näher zu betrachten. Tun wir's aber, so sehen wir auch heute noch die Schönheit der Verhältnisse, die Ruhe und Klarheit, die Vornehmheit und Gediegenheit dieser Architektur. Die Neuzeit ist leider nicht sehr schonend mit diesen Schätzen umgegangen. Eine ganze Reihe, z. B. das Mosczinskypalais von Johann Heinrich Schwarze (1740), das Prinz Max-Palais (1742 für Chiaveri gebaut), das Boxbergische Palais von 1752, das wie eine große Rokoko-Kommode aussah, und gar manches andere sind in unseren Tagen verschwunden. Bei anderen hat man die Wirkung durch ungeeignete Nebenhäuser zerstört: so steht jetzt neben dem Altstädter Rathaus, einst dem vornehmsten Gebäude am Altmarkt, ein rücksichtslos hingesetzter moderner Bankpalast, der die bescheidene Schönheit des Rathauses zunichte macht. Wie anders war das in der kunstsinnigen Zeit Augusts III. Damals zwang der König die Anlieger am Markt Gebrüder von Döring, ihrem Hause eine Schauseite zu geben, die mit dem neuen Rathaus übereinstimmte. Wenn heute weniger Freiheit herrschte, stände es besser um die Schönheit unserer Städte. Warum gibt man nicht den Baubehörden im Verein mit den besten Künstlern der Stadt die ästhetische Machtbefugnis,

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/188&oldid=- (Version vom 24.2.2023)