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kam; gegen das Ende seiner Regierung stieß man fast überall auf Kennzeichen eines blühenden Wohlstandes und eines frohen Genießens. Dem widerspricht nicht, daß die Dresdner Bürgerschaft nicht alles leisten konnte, was Augusts des Starken Kunst- und Prachtliebe von ihr forderte. Denn Dresden war weder eine große noch eine reiche Stadt, Handel und Industrie waren durchaus unbedeutend. Der Wohlstand der Stadt hing noch immer zum großen Teile von dem Wohlwollen des Fürsten ab. Ohne Zwang ging es bei Augusts Wohlwollen allerdings nicht ab. Wenn er von der künstlerischen Notwendigkeit einer Sache überzeugt war, pflegte er sie durchzusetzen ohne Rücksicht auf den Willen des betroffenen. So geschah es, als er den Neubau der Dreikönigskirche befahl, in der Überzeugung, daß dieser der Schönheit der Neustadt wegen unumgänglich sei. In der Tat hat er mit dem Neubau der Stadt eine Wohltat aufgenötigt.

Die alte Dreikönigskirche brannte 1685 vollständig ab, bereits 1688 stand die neue Kirche wieder fertig da, leider aber mitten im Zuge der Hauptstraße, die August später plante. Als nun der König an die Durchführung dieser Straße ging, befahl er dem Rate einfach, die Kirche abzubrechen. Trotz dem Widerstreben der Gemeinde und allerlei Bedenken des Rates bestand August auf seinem Befehl, wie er gleicherweise der neuen Kasernen wegen den Neustädter Friedhof an seine jetzige Stelle – an der Friedensstraße – verlegen ließ. Er gab aber zum Neubau der Kirche und des Rathauses, das er ebenfalls erneuert zu sehen wünschte, 50 000 Taler und bewies sich auch sonst in jeder Hinsicht versöhnlich. Sein Vorgehen war in Anbetracht des großen Endzweckes durchaus gerechtfertigt und ist unserer Anerkennung wert. Niemand hat Schaden gehabt, die Stadt gewann an Schönheit, die protestantische Gemeinde in Neustadt aber erhielt eine zweckmäßige und zum ersten Male eine entschieden protestantische Kirche, die sogar ein wichtiges Glied in der Entwicklung des protestantischen Kirchenbaues geworden ist.

An dieser Kirche haben die beiden größten Architekten Dresdens jener Zeit, der Hofarchitekt Pöppelmann, der im Zwinger ein so lebendiges Abbild des Hoflebens schuf, und der Ratszimmermeister Georg Bähr, der dem bürgerlichen protestantischen Geiste in der Frauenkirche einen so großartigen Ausdruck gab, den gleichen

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Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/164&oldid=- (Version vom 17.2.2023)