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bezeichnete und erklärte, die ,,völlig unveränderte Beschaffenheit der Grundmauern lege von Bährs solider Wissenschaft im Bauen ein genügsames Zeugnüß an den Tag’’. So blieb denn die steinerne Kuppel; sie erhielt nach langem Streite als Abschluß die von Fehre entworfene steinerne Laterne mit der hölzernen in Kupfer gedeckten Haube. Am 27. Mai 1743 wurden Spille, Knopf und Kreuz aufgesetzt. Bis heute hat die Kuppel ihre Festigkeit unverändert bewahrt, selbst die Bomben Friedrichs des Großen bei der Belagerung im Jahre 1760 prallten wirkungslos an ihr ab.

Aber nicht bloß die feste Bauweise ist an der Frauenkirche zu rühmen. Zu der Gediegenheit kommt die volle Geschlossenheit des Bauwerks, das wie aus einem Guß vor uns steht: von Grund auf bis oben hinaus gleichsam nur ein einziger Stein, wie der Hofprediger am Ende in einer Predigt rühmte. Mit unvergleichlicher Schönheit aber schmückt ihr Umriß das Stadtbild Dresdens. Von zahlreichen Stellen in und außerhalb der Stadt, besonders auch von den Brücken her, sieht man die majestätische Kuppel mit der köstlichen Rundung ihres Umrisses. Frei und leicht, wie von der Erdenschwere entbunden, ragt sie kühn über die Dächer in die Himmelsluft empor, ein laut redendes Zeugnis von der Kraft hochstrebenden schöpferischen Künstlergeistes. Gerade das, was der Kuppel diesen Eindruck freien Emporstrebens verleiht, nämlich der geschwungene Kuppelhals an Stelle der sonst üblichen Trommel ist die geniale Neuerung Bährs im Kuppelbau. Konstruktion und Schönheit gehen hier in einziger Weise ineinander auf. Denn eben dieser massive Kuppelhals, der so unvergleichlich schön wirkt, ist konstruktiv überaus wichtig, da er den gewaltigen Druck der steinernen Kuppel nach allen Seiten verteilt und somit unschädlich macht. Noch sei erwähnt, daß die äußere Kuppel aus zwei Schalen besteht, zwischen denen ein spiralförmiger Aufstieg in die Laterne führt. Der innere Kirchenraum aber wird durch eine Innenkuppel abgeschlossen; durch den offenen Schlußring und die Kuppelhöhlung geht der Blick bis hinauf zur Laterne. Auch dieser Raum oberhalb des Schlußrings, der die Aufstellung eines Engelchors bei Kirchenkonzerten ermöglicht, ist ein überaus glücklicher Gedanke Bährs. Im übrigen wirkt das Innere nicht so überwältigend wie das Äußere ; mögen die siebenfachen Emporen auch den Eindruck der gewaltigen Höhe der Pfeiler vermitteln, auf



Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/142&oldid=- (Version vom 10.2.2023)