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Abb. 65 Die Kuppel der Frauenkirche (Lichtdruck H. Engler)

Gegner vom Gerüst der Frauenkirche hinabgestürzt habe, ist, wie Otto Richter nachgewiesen hat, ein Märchen. Überhaupt hat sich Legende des genialen Mannes bemächtigt. Die Überlieferung erzählt, er, der in einem sächsischen Dörfchen an der böhmischen Grenze als Sohn eines Leinwebers geboren wurde, sei nie über die Grenzen Sachsens hinausgekommen; sein Wissen über Kuppelkirchen verdanke er nur dem Studium von Abbildungen und einem ,, kraftvollen von dunklen Ideen erfüllten Geiste “. Es tut indes Bährs künstlerischem Ruhme keinen Abbruch, wenn wir annehmen, daß er Süddeutschland, Oberitalien und Rom bereist und dort mit Eifer die Kuppelbauten studiert hat, die damals das Ideal baukünstlerischen Schaffens waren. Daß er aber nicht von dunklen Ideen erfüllt war, sondern mit voller Klarheit sein Werk überschaute, dafür zeigt all sein Reden und Handeln, nicht zuletzt der Wunderbau selbst, den er als Krönung seines Schaffens Dresden hinterlassen hat.

Auch nach Bährs Tode ruhten seine Gegner nicht. Knöffel und mit ihm der Italiener Chiaveri, der Erbauer der katholischen Hofkirche, erklärten dem Rate, nur die schleunige Abtragung der äußeren Kuppel könnte die Kirche vor dem Einstürze retten. Hilfe aber brachte das Gutachten der Ältesten der Dresdner Zimmerleute und noch wirksamer das des Leipziger Baumeisters David Schatz, der die kleinen Risse in den Kuppelpfeilern als ganz unerheblich

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/141&oldid=- (Version vom 8.2.2023)