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(ausgeführt von Johann Christian Kirchner) sind wahrscheinlich Schöpfungen Pöppelmanns; das Vordergebäude, besonders die Vorhalle, gehört Longuelune oder de Bodt an. Den Zweck des Gebäudes bezeichnet das Relief im Giebeldreieck der Vorhalle: Chinesen und Sachsen bringen dem König durch Überreichung von Porzellangefäßen ihre Huldigung dar. Die Architektur des japanischen Palais – so wurde der Palast nach dem Umbau genannt – atmet einen anderen Geist als der Zwinger: die festliche Heiterkeit tritt zurück, Ernst und Vornehmheit treten an ihre Stelle. Es ist der Geist der gleichzeitigen Paläste der Pariser Aristokratie, die gravidité und solidité, die Lepautre von der Architektur fordert, die Schönheit wohlgelöster Verhältnisse, der sichere Geschmack des verteilten Schmuckes. Das erste Bauwerk in dem Stil, den man später Dresdner Barockstil genannt hat.

Das Gebäude ist ganz regelmäßig gegliedert: an jeder Front eine mittlere und zwei Eckvorlagen, dazwischen zwei Rücklagen. Sockel und Erdgeschoß in Rustika zusammengefaßt, ebenso Hauptgeschoß und Halbgeschoß durch flache Lisenen. Anmutiger Wechsel – wie man damals sagte – durch die verschiedene Art der Fensterschlüsse: Rundbogen, Stichbogen, gerader Sturz, sowie durch die Dachform, auf den Eckpavillons Mansardenzeltdächer, auf den Rücklagen geschwungene Satteldächer, auf der Hauptvorlage eine beherrschende vierseitige Kuppel mit flachem Abschluß. Durch Schmuck sind nur die wichtigeren Teile hervorgehoben: das mittlere Fenster der Eckvorlagen durch je einen chinesischen Baldachin – einem kostbaren Geschmeide an einem einfach-vornehmen Anzug vergleicht sie Justi – die Mittelvorlage aber ist eine reicher geschmückte zweigeschossige offene Bogenhalle mit vier korinthischen Säulenpaaren und einem abschließenden Giebeldreieck. Einfacher ist die Mittelvorlage der Elbseite – Pöppelmanns Werk – ein Balkon auf einem Japanerkopfe zwischen einer Doppelstellung verkröpfter Rustikapfeiler, darüber eine zweite Ordnung gekuppelter Säulen mit phantastischen Kapitellen, als Krönung das Reliefbildnis Augusts II. mit der Königskrone, umgeben von allerhand Waffen und Kriegsgerät. Wir halten Longuelune für den Schöpfer der Hauptschauseite des Japanischen Palais. Eine andere Überlieferung nennt Jan de Bodt. Scharf beweisen läßt sich weder das eine noch das andere. Sicher aber ist, daß es seinem Stil nach

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/132&oldid=- (Version vom 1.2.2023)