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Marktes und als Blickpunkt in der Achse der Hauptstraße, deren Verlängerung nach dem Königreich Polen führt. Der schöne Plan des Pyramidengebäudes wurde nicht vollständig verwirklicht. Als das Erdgeschoß stand, blieb der Bau mit einem Notdach bedeckt liegen. Erst 1751 erhielt er ein oberes Halbgeschoß, es diente alsdann als Kommandantenhaus und als Hauptwache. Die Errichtung des Obelisken hatte der ehrgeizige und mißgünstige Nebenbuhler Longuelunes der Architekt Johann Christoph Knöffel hintertrieben.

DER ZWINGER.

Auch das bedeutendste Bauwerk, das August der Starke begann, der Zwinger blieb unvollendet; der feurige Geist dieses Fürsten, seine lebhafte Phantasie trieben ihn zu immer neuen großen Plänen, so daß fast keiner zur Vollendung gedieh. Man bezeichnete früher den Zwinger als Vorhof zu einem umfänglichen Schloßbau, den August der Starke zwar plante, der aber nie ausgeführt wurde. Das ist ein Irrtum. Wir selbst haben schon 1884 (Barock und Rokoko S. 48) den Zwinger als einen Festsaalbau unter freiem Himmel bezeichnet, J. L. Sponsel hat dann 1897 den Zusammenhang des Zwingers mit dem höfischen Festprunk jener Tage klar und eingehend nachgewiesen. Als Knabe hatte August die großartigen Festlichkeiten am Hofe seines Großvaters 1678 miterlebt, während der Regierung seines Vaters sah er die italienische Oper am kurfürstlichen Hofe in Dresden erstehen und das Ballett heimisch werden, auch die Dramen der Corneille, Racine und Moliere gingen an seinen Augen vorüber. Dann lernte er auf der Kavaliertour die Feste des Auslandes, besonders Italiens kennen. Die Heiterkeit des südlichen Himmels, der er sich in vollen Zügen hingab, mit den überlieferten ritterlichen Vergnügungen zu verbinden, alle Künste zu vereinigen zu Sinnenfreude und Festesprunk, das schwebte ihm fortan als ein Ideal vor. So veranstaltete er schon 1695 einen glänzenden Götteraufzug und 1697 ließ er ein neues Komödienhaus errichten (am östlichen Zwingerpavillon, 1849 abgebrannt). Dann aber setzten vorläufig die polnischen Wirren und der nordische Krieg seinen weiteren Plänen ein Ziel. August der Starke trat bekanntlich 1697 zum katholischen Bekenntnis über und wurde dann zum König von Polen gewählt. In der Folge beteiligte er sich am Kriege gegen Karl XII., um Livland zu erobern. Erst 1709, nachdem die Schweden bei Pultawa besiegt worden waren, ward er wieder Herr seiner selbst. In diesem Jahre kam Augusts

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/122&oldid=- (Version vom 14.9.2022)