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Stadt und die Commodität des Bauherrn“ waren die leitenden Gesichtspunkte. Vor Beginn des Baues mußten – wie heute noch – Grund- und Aufrisse, Lageplan, Durchschnitt und Kostenanschlag eingereicht werden. Wie sehr man – im Gegensatz zu späteren Zeiten – auf die Schönheit des Stadtbildes bedacht war, geht daraus hervor, daß auf dem Aufriß auch die nebenstehenden Gebäude mit angedeutet werden mußten, eine Bestimmung, die man in jede Bauordnung wieder aufnehmen sollte. Für die breiteren Straßen, wie die Pirnaische, die Schloß-, die Kreuzstraße, die Moritzstraße und den Altmarkt war vorgeschrieben, daß man soviel als möglich auf Symmetrie achten sollte. Ein allzudunkler oder bunter Abputz der Schauseiten war verboten, empfohlen ein solcher „in gelinden Farben in Stein Arth“. Erker bedurften besonderer Genehmigung, durften aber nicht zu ihrer Unterstützung freistehende Säulen haben. Gänzlich verboten wurden die Stakete vor den Häusern, ebenso die zur Renaissancezeit beliebten nach außen gebogenen Fenstergitter, weil sie nur die Straße verengten. Auch sollten die Dächer nicht über Proportion erhöht werden. Die Folge hiervon war, daß das alte charaktervolle hohe Satteldach fast gänzlich verschwand und an seine Stelle das französische Mansardendach trat. Aus der Not eine Tugend machend, nannte man die Mansarde vornehm und adlig. Sogar auf den inneren Ausbau erstreckte sich – zum ersten Male – die Bauordnung, die auch hierdurch für Dresdens Architektur bedeutsam wurde. Der Eingang und die Treppen des unteren Stockwerks mußten überwölbt, die Treppe bis unter das Dach aus Stein ausgeführt und der obere Austritt ebenfalls überwölbt oder feuersicher abgedeckt werden. Die Galerien, die das Vorderhaus mit dem Hinterhaus verbanden, durften nicht mehr aus Holz sein, sondern mußten steinerne Bogen und Schäfte haben. Die Bogen blieben meist offen, während des Winters wurden sie durch eingesetzte Fenster verschlossen. Endlich wurden an Stelle der Leinwandbespannung durchweg Stuckdecken vorgeschrieben. Sogar die Küchendecken seien der Feuersicherheit wegen mit Stukkatur zu versehen.

Aus diesen kurzen Andeutungen läßt sich, wie Walter Dietrich mit Recht hervorhebt, erkennen, daß in Dresden die bau- und feuerpolizeilichen Bestimmungen den Stilwandel entscheidend beeinflußt haben. Dresden war in dieser Beziehung die erste und einzige

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/115&oldid=- (Version vom 13.1.2023)