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Heimgehen aus der Stadt springen sie oft zusammen in die Wette, und die Pursche jagen die muthwilligen Dirnen vor sich her den Berg hinan. Eine Galanterie, die sich wohl die Schönen in der Stadt samt und sonders verbitten dürften.

Man hat unter Liebenden auf dem Lande Beispiele von der edelmüthigsten Treue und beharrlichsten Festigkeit gesehen, die den schönsten Stoff zu den abentheuerlichsten Romanen darböten. Mädchen haben Bauernhöfe ausgeschlagen und Taglöhners Hütten bezogen, das väterliche Haus verlassen und es an der Seite des Liebhabers mit der Kaserne vertauscht. Diese Beyspiele sind aber äusserst selten, und lauter Ausnahmen von der Regel. Gebildete Menschen, wenn sie zugleich auch gute Menschen sind, lieben sich viel standhafter und ausharrender als die Söhne und Töchter des Landes. Ein geringer Umstand zerreißt oft plötzlich das festeste Band, und der Jüngling der heute Thrinen einen nächtlichen Besuch abstattet, schlendert wohl morgen mit Rösen auf die Kirchweih des nächsten Dorfes. Diese Unbeständigkeit ist ein häßlicher Schattenpunkt im Charakter der Landjugend. Freilich wirken viele Umstände zusammen,

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Pahl: Ueber die Liebe unter dem Landvolk. In: Die Einsiedlerin aus den Alpen, 3. Band, 8. Heft, S. 128–153. Orell, Geßner, Füßli & Comp., Zürich 1793, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pahl_Ueber_die_Liebe_unter_dem_Landvolk.pdf/19&oldid=- (Version vom 1.8.2018)