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schon viel Ueberwindung dazu, ihm nur einen Blumenstraus zu wikkeln, oder sein Wamms zu flikken. Die Zeit schleift diese Blödigkeit nach und nach ab, und sie wird unbefangener, offener und kühner, und schämt sich endlich nicht mehr, an der Hand ihres Geliebten aufzutreten, und es den Schönen des Dorfs triumfirend zu verkünden, daß er ihr Eigenthum sei.

Die spröde Dirne äussert gerade das Gegentheil dieser Blödigkeit. Sie weist den unbegünstigten Liebhaber mit einem Ungestümm von sich hinweg, das mit den feinen Ausbeugungen der Schönen in der Stadt auffallend kontastrirt. Sie hält es für einen grossen Triumpf angebetet zu seyn, und die Anbethung verschmäht zu haben. Sie gesteht es daher auch dem ganzen Dorfe unverholen, daß sie Hansen einen Korb gegeben habe, und schmeichelt sich, daß man darüber ihre Zucht und Schamhaftigkeit loben werde. Hans geht das erstemal – kömmt vielleicht wieder – schmeichelt und thut schön – macht sanfte Vorwürfe –, und bleibt all’ dies unnüz, so trollt er sich mit einem ziemlich unhöflichen Komplimente von ihr hinweg, vergißt die verschmähende Dirne, und schielt in der Kinderlehre nach einer andern umher. Wenn der Verführer in der Stadt von der wachsamen Unschuld

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Pahl: Ueber die Liebe unter dem Landvolk. In: Die Einsiedlerin aus den Alpen, 3. Band, 8. Heft, S. 128–153. Orell, Geßner, Füßli & Comp., Zürich 1793, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pahl_Ueber_die_Liebe_unter_dem_Landvolk.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)