Angriffskriege und zu der Sicherung des Tetrarchen vor seinen gefährlichen Feinden ist es jedoch nicht mehr gekommen; Tiberius starb, als noch Vitellius in Jerusalem weilte, und dieser hat darob, da seine Vollmacht erloschen sei, den Feldzug aufgegeben, was ihm sehr willkommen gewesen sein mag (Joseph. ant. Iud. XVIII 113–115. 120–125).
Denn seit dem J. 36 n. Chr. stand er mit Herodes Antipas auf schlechtem Fuße. Damals hatte der Tetrarch bei den Friedensverhandlungen zwischen Rom und Parthien eine Rolle gespielt; er hatte bei ihnen den Unparteiischen abgegeben. Bei ihm waren nämlich die beiderseitigen Unterhändler, Vitellius und der Partherkönig Artabanos III., zusammengetroffen; da keiner des anderen Gebiet betreten wollte, hatte der jüdische Fürst mitten auf einer Brücke über [194] den die feindlichen Länder trennenden Euphrat ein Zelt aufgeschlagen, damit gleichsam auf seinem Grund und Boden die Verhandlungen geführt werden könnten. Über ihren Erfolg hatte er dann eilends noch vor Vitellius an Tiberius berichtet und sich so diesen, der sich hierdurch zurückgesetzt fühlte, zum Feinde gemacht (Joseph. XVIII 101–105; s. hierzu Täubler a. a. O. 39, der vor allem die Richtigkeit des Ansatzes dieses Ereignisses noch unter Tiberius, und nicht erst unter Gaius, erwiesen hat). Unter Gaius hat sich jedoch nach Joseph. ant. Iud. XVIII 105 für Vitellius Gelegenheit geboten, sich an Herodes Antipas zu rächen; man darf also wohl annehmen, daß jener, der sich bei dem neuen Kaiser auf jede Weise lieb Kind zu machen suchte (Tac. ann. VI
Walter Otto: Herodes. Beiträge zur Geschichte des letzten jüdischen Königshauses. Metzler, Stuttgart 1913, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otto_Herodes.djvu/117&oldid=- (Version vom 11.6.2023)