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Herodes Antipas überhaupt nicht aufgetreten sei, frg. 5 auf p. 354. Ewald IV 588 und Schürer I³ 419 urteilen hier nicht richtig). Von Antipas’ Bemühungen in Rom erfahren wir nur, daß auch er ein Promemoria dem Kaiser eingereicht hat (Joseph. ant. Iud. XVII 229).

Wie und ob hierüber verhandelt worden ist, wird uns, obwohl uns die Bemühungen der anderen Gegner des Archelaos, der Salome und ihrer Gruppe, sowie der Abgesandten des jüdischen Volkes, genau geschildert werden (s. S. 168f.), nicht berichtet; auch der Sachwalter des Antipas, Eirenaios, verschwindet in unserer Tradition ganz. Hieraus etwa den Schluß zu ziehen, daß er mit seinen Ansprüchen bald zurückgetreten sei, erscheint mir nicht angängig; denn wir müssen Josephus entnehmen, daß Salome und die Ihrigen, als sie die Aussichtslosigkeit ihrer eigenen Hoffnungen erkannten, sich schließlich für Antipas erklärt haben (siehe vorher). Das in unseren Quellen uns entgegentretende völlige Zurücktreten des Antipas in Rom ist wohl vielmehr quellenkritisch zu erklären. Der Darstellung des Josephus über die Vorgänge in Rom liegt, wenn auch nicht direkt, Nikolaos von Damaskos zugrunde, und dieser hat eben offenbar nur die Verhandlungen vor Augustus, in denen er selbst mitgewirkt hat – gegen Antipas hat er ja nicht gesprochen – näher geschildert. Immerhin erscheint es nicht ausgeschlossen, daß infolge der Bemühungen des Nikolaos noch vor der Entscheidung des Kaisers eine Einigung der beiden Brüder erfolgt ist (bei den letzten Verhandlungen vor Augustus werden als Gegner des Nikolaos die jüdischen Gesandten, welche bei Augustus die volle Beseitigung der Herrschaft der Herodeer erstreben, und die Gruppe der Verwandten erwähnt, aber nicht eine Gruppe des Antipas, Joseph. bell. Iud. II 82; ant. Iud. XVII 302).

Durchgedrungen ist Antipas mit seinen Ansprüchen auf die βασιλεία bei Augustus jedenfalls nicht. Dieser hat vielmehr damals das jüdische Königtum wieder beseitigt. Für diese Stellung schien ihm offenbar keiner der streitenden Brüder geeignet, und durch die Beseitigung war auch der Hauptzankapfel aus der Welt geschafft. Antipas erhielt von dem Erbe des Vater das, was dieser ihm zuletzt bestimmt hatte, die beiden Landschaften Galiläa und Peräa mit dem Titel Tetrarch (Jos. bell. Iud. II 94f.; ant. Iud. XVII 318. Der βασιλεύς-Titel wird ihm fälschlich nur Matth. XIV 9; Marc. VI 14 und 22 beigelegt, während das Neue Testament ihn an anderen Stellen richtig als Tetrarchen bezeichnet, Matth. XIV 1; Luk. III 1 und 19. IX 7; act. Apost. XIII 1). Der Steuerbetrag aus dem Herodes Antipas zugewiesenen Besitz, der allerdings nicht geschlossen zusammenlag, war auf 200 Talente (das Talent zu 10 000 attischen Drachmen, s. auch S. 91) geschätzt. Die Beseitigung der jüdischen βασιλεία bedeutet für ihn einen Vorteil, da bei ihrem Fortbestehen sein eigenes Regiment dem Träger der βασιλεία unbedingt unterstellt gewesen wäre (Nikol. frg. 5 auf p. 353 spricht denn auch davon, daß Archelaos nach der ὅλη ἀρχή strebt, und setzt sie dem Begriff βασιλεία gleich; s. auch vor allem S. 166), wie etwa früher die Tetrarchie des Pheroras [178] dem Herodes I. (s. S. 122), während er jetzt ganz selbständig dastand.

Antipas hat im Anschluß an seine Einsetzung als Tetrarch seinen Namen geändert (dies geht ganz deutlich aus Josephus hervor, der zugleich mit der Übernahme der Herrschaft durch Antipas den Namen Antipas nicht mehr anwendet, vgl. auch bes. bell. Iud. II 167); er hat jetzt ebenso wie sein Bruder Archelaos den Namen Herodes angenommen, d. h. die Brüder erheben den Herodes-Namen zum Dynastienamen, zu einem Attribut des selbständigen Herrschers (der bescheidenere Philippos, der dritte der zur Herrschaft gelangten Söhne Herodes’ I., hat sich auch hier zurückgehalten). Sie knüpfen hierbei an an die Traditionen der großen hellenistischen Dynastien[1]. Die Münzen des Herodes Antipas (über sie Madden Coins of the Jews 118ff.) und die dem Tetrarchen errichteten Inschriften (Dittenberger Syll. [or.] I 416. 417) zeigen uns, daß wenigstens im offiziellen Gebrauch der alte Individualname Antipas ganz geschwunden ist (auch das Neue Testament gebraucht ihn niemals).

Der Regierungsantritt des Herodes Antipas fällt etwa um die Mitte des J. 4 v. Chr. (Branns [307 und vorher 253ff.] Ansatz auf 3 v. Chr. ist nicht zu halten, da Antipas, ebenso wie seine Brüder seine Regierungsjahre erst von dem Zeitpunkte der Bestätigung durch den Kaiser gezählt haben kann und wir durch Annahme des J. 3 v. Chr. als Anfangsjahr auf ein falsches Endjahr der Regierung geführt würden, s. u. Anders als Brann muß man auch gerade annehmen, daß die Entscheidung des Kaisers gefallen ist, noch bevor in Rom der Aufstand der Juden in vollem Umfang bekannt geworden war [ant. Iud. XVII 251 verglichen mit 222 zeigt klar, daß in Rom bisher nur der während der Abwesenheit der Brüder zwischen Ostern und Pfingsten ausgebrochene Aufstand von Varus gemeldet worden war], denn sonst hätte Nikolaos in seiner Gegenrede gegen die dem Archelaos feindlichen Gesandten der Juden [Joseph. bell. Iud. II 92; ant. Iud. XVII 315f.] diesen Aufstand besonders verwertet).

Das erste bedeutendere Ereignis aus der Regierung des Herodes Antipas, das wir sicher datieren können, fällt ins J. 6 n. Chr. Da Josephus von ihm ganz schweigt und wir nur kurze Andeutungen bei Strabon XVI p. 765 und Cassius Dio LV 27 besitzen, ist es bisher, soweit ich sehe, noch niemals berücksichtigt worden. Strabon erzählt in seinem kurzen Exkurs über Herodes I. und seine Söhne auch von dem Testament des Königs: ‚μερίδας αὐτοῖς (sc. Söhne) ἀποδούς‘. Er erwähnt dann die τιμή dieser Söhne, sowie der Salome und deren Tochter Berenike durch Augustus, wobei er unbedingt die Bestätigung des Testaments des alten H., und vor allem die Einsetzung der genannten Personen in eigene Herrschaften, d. h. die Ereignisse des J. 4 v. Chr.


  1. *) So hat auch z. B. der spätere König Seleukos III. Kallinikos, als er, der nicht für den Thron bestimmt war, zur Regierung gelangte, seinen Individualnamen Alexandros abgelegt, s. Euseb. Chron. I 253; vgl. ferner Strack Dynast. d. Ptolem. 7ff.
Empfohlene Zitierweise:
Walter Otto: Herodes. Beiträge zur Geschichte des letzten jüdischen Königshauses. Metzler, Stuttgart 1913, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otto_Herodes.djvu/109&oldid=- (Version vom 9.6.2023)