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handelt sich wohl um das J. 6 v. Chr. (C. Sentius Saturninus scheint aber noch Statthalter von Syrien gewesen zu sein, s. bell. Iud. I 577; ant. Iud. XVII 57) – mit der bisher befolgten Rücksichtnahme auf die Pharisäer; denn er sieht ein, daß diese doch zu nichts führe, sondern daß sogar auch von ihnen seinem Regiment direkte Gefahr drohe. Sollte nun nicht vielleicht gerade diese Erfahrung den König veranlaßt haben, endlich definitiv mit jeder Rücksichtnahme auf das Judentum, auf das jüdische Gesetz zu brechen, sollte man nicht von dem J. 6 n. Chr. an jene Zeit zu rechnen haben, in der H. seine bis dahin befolgte Verschmelzungspolitik endgültig aufgegeben [RE:140] hat? (s. S. 105. Wellhausen 336 verkennt die Bedeutung der damaligen Ereignisse; s. auch das folgende).

Im Anschluß an diese Vorgänge hat H. in einer Staatsratssitzung an seinen Bruder die Forderung gestellt, sich von seiner Frau zu trennen, eine Forderung, der jedoch Pheroras nicht nachgekommen ist. Schließlich ist das Verhältnis der beiden Brüder unhaltbar geworden, und der Vierfürst [144] hat, sei es freiwillig, sei es unfreiwillig, den königlichen Hof verlassen und sich in seine Tetrarchie zurückgezogen[1]. Seinem Sohne Antipatros hatte H. nach den letzten Enthüllungen den weiteren Verkehr mit Pheroras und den Seinen untersagt, jedoch ohne Erfolg hierbei zu haben.

Immerhin scheint Antipatros der Boden am jüdischen Hof allmählich zu heiß geworden zu sein. Er fürchtete die Entdeckung seiner Umtriebe gegen den Vater und wollte wohl auch vor allem in der Ferne weilen, wenn das geplante Attentat auf den Vater vor sich ginge, um so einen Verdacht von sich leichter abwälzen zu können. Er ließ sich daher als Gesandter nach Rom senden, setzte jedoch noch vorher bei seinem Vater durch, daß er dessen neuestes Testament, in dem dieser Antipatros zum alleinigen Nachfolger und nur im Fall von Antipatros’ vorzeitigem Tode seinen und der zweiten Mariamme Sohn Herodes als Ersatzerben bestimmt hatte, dem Kaiser zur Bestätigung vorlegen sollte; denn erst wenn diese erfolgt war, war Antipatros’ Nachfolge voll gesichert, und das Vorgehen gegen den Vater hätte dann ohne Sorge für die Zukunft erfolgen können (bell. Iud. I 572f.; ant. Iud. XVII 50–54. Vgl. bell. Iud. I 592; ant. Iud. XVII 69. Es steht hier nichts davon, obwohl es allgemein angenommen wird, daß erst damals d. h. etwa zwei Jahre nach dem Tode der Mariammesöhne H. dies Testament gemacht hat; es wäre dies auch nicht wahrscheinlich. Es handelt sich hier vielmehr nur um den Versuch, seine Bestätigung durch Rom noch vor dem Tode des Königs zu erlangen, s. S. 66).

Da starb vorzeitig der Bundesgenosse [RE:141] in der Heimat, Pheroras, nachdem sich noch H. mit ihm auf dem Sterbebette ausgesöhnt hatte. Pheroras’ Frau wurde nun sofort nach dem Tode ihres Mannes beschuldigt, diesen vergiftet zu haben, aber die hierauf angestellte Untersuchung führte zu keinem Resultate (Clermont-Ganneaus Rec. d’arch. orient. VII 316, 2 Auffassung von


  1. Bell. Iud. I 571f. 578f.; ant. Iud. XVII 46–50. 58. In der Tradition ist zwar von der Verbannung des Tetrarchen durch H. die Rede. Es ist aber zu beachten, daß die damalige Nichtbestrafung nicht nur des Pheroras, sondern auch vor allem der Seinen allein bei der Annahme, daß H. gegen den Vierfürsten als einen von Rom bestellten Herrscher nicht vorzugehen wagte, recht verständlich wird (s. S. 139). Durch die Entfernung des Pheroras vom Hofe wurde nun jedoch dessen Stellung dem Könige gegenüber sehr viel mächtiger, verlor dieser seinen Einfluß auf das Regiment des Bruders; H. schädigte sich also durch die Verbannung des Bruders selbst. Andererseits scheint Pheroras der Aufenthalt am Hofe gefährlich erschienen zu sein; denn sein späteres Nichtkommen auf die Einladung des Königs (bell. Iud. I 579; ant. Iud. XVII 58) darf man doch wohl auf die Furcht, ihm könnte am Hofe etwas zustoßen, zurückführen ; vgl. bell. Iud. I 590. Insofern erscheint mir ein freiwilliges Verlassen des Hofes durch Pheroras ganz wahrscheinlich, und auch Stellen wie bell. Iud. I 586; ant. Iud. XVII 67 scheinen mir hierfür zu sprechen.
Empfohlene Zitierweise:
Walter Otto: Herodes. Beiträge zur Geschichte des letzten jüdischen Königshauses. Metzler, Stuttgart 1913, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otto_Herodes.djvu/092&oldid=- (Version vom 1.8.2018)