falsche Gerücht von seinem unterwegs erfolgten Tode erhoben. Der Aufstand war zwar von den königlichen Statthaltern niedergeschlagen worden, aber 40 Haupträdelsführern war es gelungen, sich zu den Nabatäern durchzuschlagen, wo damals seit langen Jahren anstatt des schwachen Königs Obodas als allmächtiger Minister Syllaios gebot, der ein erbitterter Feind des Königs seit der Zurückweisung seiner Werbung um Salome war. Syllaios hat die Flüchtlinge an dem festen Platze Raepta, übrigens nicht zu nahe der Grenze (s. § 283), angesiedelt; sie haben dann bald großen Zulauf erhalten und das jüdische Gebiet allenthalben beunruhigt und gebrandschatzt. Außer Gewaltmaßregeln gegen die in der Heimat zurückgebliebenen Angehörigen der Räuber vermochte H. gegen diese nichts auszurichten, da sie sich des Schutzes der Araber erfreuten; denn der Aufforderung zur Auslieferung der Räuber leisteten die Nabatäer keine Folge, auch nicht, als H., um einen Druck auf den Araberkönig auszuüben, von [128] diesem ein ihm gewährtes größeres Darlehen zurückverlangte (§ 279, vgl. § 343. Wellhausens 345 Vermutung, daß es sich hier um schuldige Weidepachtgelder handelt, ist nicht richtig). Und einen Krieg wagte der König aus Rücksicht auf die römische Regierung, die jeder kriegerischen Verwicklung an der Reichsgrenze abgeneigt war, [RE:124] nicht zu führen.
Schließlich hat er die Vermittlung der obersten syrischen Provinzialbehörden angerufen, welche von Syllaios das Versprechen der Bezahlung der Schuld binnen 30 Tagen erreichten, unter gleichzeitiger Verpflichtung, die im nabatäischen Reiche befindlichen Untertanen des H. gegen etwaige bei H. sich aufhaltende Araber auszuliefern (es ist bemerkenswert, daß hierbei von dem weitgehenden Auslieferungsrecht, das H. zugestanden gewesen sein soll [s. S. 65], gar nicht die Rede gewesen zu sein scheint. Übrigens tritt uns hier einmal das Prinzip der ἰδία für ganze Reiche entgegen; man beachte, daß in § 281 nicht nur an arabische Verbrecher gedacht ist). Syllaios ist jedoch seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen, sondern hat sich, um die Sache weiter zu verschleppen, nach Rom begeben. Über all dem sind etwa zwei Jahre verflossen, ohne daß der König weiter gekommen wäre, wohl der deutlichste Beweis für die vollständige Unselbständigkeit seiner äußeren Politik und ihrer Abhängigkeit von Rom, für sein demütiges Fügen unter den Willen der römischen Herren.
Vor allem die Nichtbeachtung des Schiedsspruches der römischen Beamten wird dann den damaligen syrischen Statthalter, C. Sentius Saturninus, veranlaßt haben, dem Könige auf dessen Bitten zu gestatten, sich endlich mit Gewalt Recht zu verschaffen. Mit einem Heer drang dieser in Arabien ein, nahm Raepta, schleifte es und besiegte darauf auch ein arabisches Heer, das wohl nicht nur zum Schutze der Räuber, sondern wohl noch mehr zur Abwehr von etwaigen auf die Schuldforderung [RE:125] sich stützenden Okkupationsgelüsten des Königs herbeigeeilt war. Arabisches Gebiet zu besetzen wagte dieser jedoch hierauf nicht, sondern zog sich zurück und suchte nur seine Grenzmark durch neuangesiedelte idumäische Militärkolonisten zu sichern.
Trotzdem hat Augustus, dem allerdings durch Syllaios der Zug des H. als ein großes kriegerisches Unternehmen und die Niederlage der Araber sehr übertrieben dargestellt worden war, das Vorgehen des Königs aufs schärfste gemißbilligt; er sah in ihm einen Bruch des Landfriedens an der östlichen Grenze, ein Durchbrechen des Prinzips, das den Vasallenfürsten eigene Kriegführung und vor allem Kriegführung untereinander untersagte. So ist denn H. bei dem Kaiser, der jede Verteidigung des Königs durch dessen ständigen Vertreter am römischen Hofe sofort abschnitt (zu ant. Iud. XVI 289 vgl. den XVII 343 genannten Gesandten des Archelaos in Rom; diese ständigen Gesandtschaften darf man wohl verallgemeinern), in Ungnade gefallen; Augustus hat ihm in einem Handschreiben in schroffster Weise die Entziehung seines Wohlwollens verkündet (s. S. 58), und eine Sondergesandtschaft, durch die sich H. rechtfertigen wollte, wurde garnicht erst vorgelassen. Die Ungnade des Kaisers ist bald bekannt geworden. H.s
Walter Otto: Herodes. Beiträge zur Geschichte des letzten jüdischen Königshauses. Metzler, Stuttgart 1913, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otto_Herodes.djvu/084&oldid=- (Version vom 5.11.2022)