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Erzählung über den Tod der Mariamme [Baba-bathra 8 b, vgl. Derenbourg 151f.] ist ganz legendär, übrigens aufgebaut auf dem unvereinbaren Gegensatz der Hasmonäer zu H.).

Dem Ausbruch rasender Eifersucht, der den Tod seines Weibes veranlaßt hat ist bei H. umgehend die tiefste Depression gefolgt Er konnte es sich nicht denken, daß er das, was er so geliebt, selbst zerstört hatte, und Reue über sein Handeln überkam ihn (Wellhausen 322 leugnet dies; ihm gegenüber s. jedoch ant. Iud. XV 243f.). Vor den trüben Gedanken und Bildern halfen keine Zerstreuungen; auch seine liebste Erholung die Jagd, war ihm verleidet und schließlich brach er auch körperlich zusammen. Eine Krankheit, die sich als schmerzhafte Entzündung des Genicks mit gelegentlicher Bewußtlosigkeit äußerte (wohl ein gefährliches Furunkel mit Eitervergiftung), brachte ihn an den Rand des Grabes. Jetzt glaubte endlich Alexandra die Stunde gekommen, in der die Hasmonäer über den Emporkömmling triumphieren könnten. Sie machte den Versuch, sich der beiden Jerusalem beherrschenden Zitadellen zu bemächtigen, um in ihrem Besitz beim Tode des Königs Herrin der Lage zu sein. Der Vorwand, hierbei nur die Rechte und die Sicherung ihrer Enkel im Auge zu haben, verfing jedoch bei den dem König treu ergebenen Burgkommandanten nicht; sie machten bei H. Anzeige, und dieser hat daraufhin Alexandra sofort hinrichten lassen (je nach dem Ansatz des Todes der Mariamme Ende 29 oder Anfang 28 v. Chr.). S. bell. Iud. I 444; ant. Iud. XV 240–252.

So war H. einer sehr verschlagenen und darum auch besonders gefährlichen Gegnerin ledig. Von dem alten Königsgeschlecht war jetzt so gut wie nichts mehr zu befürchten; von männlichen Angehörigen scheinen damals nur noch einige Seitenverwandte, die Söhne des Babas oder Sabba (welcher Name der richtige ist, ist wohl nicht zu entscheiden, s. Schürer I³ 386, 54) gelebt zu haben (s. die Bemerkung ant. Iud. XV 266 nach ihrem Tode). Sie hatten 37 v. Chr. auf der Liste der proskribierten [RE:53] jüdischen Adligen gestanden, waren aber damals von dem aus einem altem priesterlichem Adelsgeschlecht stammenden Idumäer Kostobar, dem späteren Statthalter von Idumäa, gerettet worden. Er hatte es durch ein geschicktes Versteck verstanden, die Geretteten dauernd der Hand des Königs zu entziehen. Der Grund dieser Handlungsweise ist zweifelhaft. Daß dies Kostobar aus politischer Berechnung, um sich eventuell später ihrer und ihres Einflusses bedienen zu können, getan habe (so ant. Iud. XV 264), ist eine Behauptung ohne Beweis. Später scheint allerdings Kostobar, der als einer der nächsten Vertrauten des Königs galt und sogar 35 oder 34 v. Chr. dessen Schwester Salome zur Frau erhalten hatte, von H. abgerückt und das Haupt einer idumäischen Unabhängigkeitspartei geworden zu sein, die auch gegen die jüdische Religion Stellung nahm (die Abfallsgelüste darf man aber keinenfalls zu früh ansetzen, s. S. 47 *), anders Schürer I³ 386. Wellhausen 323). Wenigstens hat seine Gemahlin Salome, als sie sich von ihm trennte, diese Anklage gegen ihn erhoben; als Beweis seiner hochverräterischen Absichten konnte sie damals auch auf sein Verhalten zu den letzten [56] Sprossen der Hasmonäer hinweisen. Inwieweit die generelle Anklage der Salome zu Recht besteht, ist bei dieser Verleumdernatur schwer zu entscheiden. Da aber nicht nur Kostobar, an dessen Beseitigung Salome ein persönliches Interesse hatte, auf diese Anklage hin gefallen ist, sondern zugleich mit ihm eine Reihe anderer vornehmer Vertrauter des Königs (für den einen Dositheos s. z. B. ant. Iud. XV 169f.), die als Mitwisser der Verschwörung von Salome namhaft gemacht wurden, so scheint es sich doch hier nicht um reine verleumderische Erfindung gehandelt zu haben. Eine gerade aus idumäischen Kreisen gegen H. geplante Erhebung muß freilich besonders auffällig berühren, da es sich hier um das Stammland der Dynastie handelt; wieweit persönlicher Ehrgeiz (als einzigen Grund nennen ihn ant. Iud. XV 255), wieweit etwa fehlgegangene Hoffnungen hierbei mitgewirkt haben – die Idumäer mögen von der Herrschaft ihres Stammesgenossen besonders viel erwartet haben, was jedoch anscheinend nicht eingetroffen ist (s. hierzu S. 32) – läßt sich nicht entscheiden. Zugleich mit den Verschwörern sind die Babas-(Sabba)söhne hingerichtet worden (ant. Iud. XV 253–266).

H. war also mit einem Schlage von mehreren gefährlichen Gegnern befreit. Die eine der feindlichen Mächte, das alte Herrschergeschlecht, schien aus der Reihe der Feinde ganz ausgeschaltet zu sein, die andere, der alte hasmonäische Adel, war weiter geschwächt, irgendwelche Rivalen, die seiner Herrschaft gefährlich werden konnten, gab es für den Augenblick nicht mehr (so auch das Urteil ant. Iud. XV 266); schließlich war das Stammland Idumäa wieder gesichert. Das J. 28/27 v. Chr., in das wohl, und nicht erst 25 v. Chr., [1]


  1. Zumeist wird das J. 25 v. Chr. als Jahr der obigen Ereignisse angenommen auf Grund der Angabe der ant. Iud. XV 260, daß die Babas(Sabba-)söhne im ganzen 12 Jahre von Kostobar verborgen gehalten worden seien. Sieffert 763f. hat jedoch schon mit Recht darauf hingewiesen, daß bei Josephus die Kostobaraffäre in engster innerlicher – und das ist entscheidend und nicht der auch vorhandene äußere Anschluß – Verbindung mit der Krankheit des H. und der Hinrichtung der Alexandra, d. h. Vorgängen des J. 29/8 v. Chr., erzählt wird (ant. Iud. XV 251f.), so daß eine Zwischenzeit von drei Jahren zwischen diesen Ereignissen und der Entdeckung der Verschwörung des Kostobar, wenn man die Darstellung des Josephus nicht ganz verwerfen will, ausgeschlossen erscheint. Nun findet sich an jener Stelle als Wort für 12 nicht das, so weit ich sehe, bei Josephus übliche δώδεκα, sondern bemerkenswerter Weise δεκαδύο (so steht wenigstens in den besten Hss.). Da nun die Zahl 10 an unserer Stelle sachlich sehr gut passen würde, weil sie uns auf das J. 28/27 v. Chr., also in eine den betreffenden Ereignissen sich direkt anschließende Zeit führt, so scheint mir die Vermutung sehr viel für sich zu haben, daß ursprünglich nur δέκα bei Josephus geschrieben war, das sich später in δεκαδύο und schließlich in δώδεκα gewandelt hat (sollte etwa das δύο ursprünglich Zahlbestimmung zu dem kurz vorherstehenden ‚τοὺς Σάββα (Βάβας) παῖδας‘ gewesen und nur an falscher Stelle in den Text gekommen sein?). Auch auf den Fortgang der Erzählung WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt des Josephus, der noch ein Ereignis des J. 27 v. Chr. – die Neugründung von Samaria (s. S. 79 *) – bringt, sei noch als Stütze für den Ansatz in das J. 28/7 v. Chr. und gegen das J. 25 v. Chr. verwiesen.
Empfohlene Zitierweise:
Walter Otto: Herodes. Beiträge zur Geschichte des letzten jüdischen Königshauses. Metzler, Stuttgart 1913, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otto_Herodes.djvu/048&oldid=- (Version vom 1.8.2018)