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[ebenso noch Bouché-Leclerq Hist. des Lagides II 240], ist falsch; dieser hatte damals Ägypten bereits seit etwa einem halben Jahre, nämlich im Frühjahr 40, verlassen, s. u.), sondern er strebte nur darnach, auf diesem Wege – die andern waren durch die Parther verschlossen – möglichst schnell nach Rom zu gelangen (bell. Iud. I 277–279; ant. Iud. XIV 374–376). Denn nur die römischen Machthaber konnten helfen, zumal bei dem völligen Umsturze, der sich inzwischen daheim vollzogen, und von dem H. erst bei seinem [RE:25] Betreten Ägyptens gehört hatte (bell. Iud. I 268–273; ant. Iud. XIV 363–369). Antigonos war inzwischen von den Parthern zum König eingesetzt worden und hatte Hyrkanos, um ihn für alle Zukunft als hohepriesterlichen Herrscher unmöglich zu machen, die Ohren abschneiden lassen oder sogar selbst abgebissen (bell. Iud. I 270; ant. Iud. XIV 366). Die Parther haben darauf Hyrkanos als Gefangenen mit sich fortgeführt. Phasael, der den Tod aus Feindeshand nicht erleiden wollte, hat sich damals auf der Stelle selbst getötet[1].

H. sah sich also der bisherigen einheimischen Stützen seiner Regentenstellung für immer beraubt. Wenn er trotzdem das Anerbieten der Kleopatra, in ihren Dienst zu treten, abgelehnt und eilends, trotz der ungünstigen Jahreszeit – es war im Herbst 40 v. Chr. – die Reise nach Rom angetreten hat (für diese s. bell. Iud. I 180–185; ant. Iud. XIV 377–389), so dürfte er wohl schon damals den festen Plan gehabt haben, Roms Hilfe nur noch für sich allein anzurufen, d. h. sich und keinem andern die Herrschaft über die Juden übertragen zu lassen. Tatsächlich hat er, wie uns Josephus in den antiquitates berichtet – im bellum ist die Darstellung unbestimmt –, in Rom sofort seinen alten Gönner Antonius direkt um die Verleihung der Herrschaft an ihn gebeten (ant. Iud. XIV 382: er verspricht Geld, εἰ γένοιτο βασιλεύς; noch einmal aufgenommen § 384: Octavian geneigt: πρὸς τὴν ἀξίωσιν). Antonius hat sich hierzu bereit erklärt, hat seinerseits Octavian gewonnen, und der den Triumvirn willfährige Senat hat dann durch einstimmigen Beschluß H. als König der Juden anerkannt (s. auch Strab. XVI p. 765. Appian. bell. civ. V 75. Tac. hist. [28] V 9). Bei Josephus sind allerdings an die Darstellung dieses Ereignisses Reflexionen geknüpft, wonach H. die Königswürde damals gar nicht für sich, sondern für den jungen Enkel des Hyrkanos, den Aristobulos, erstrebt habe (ant. Iud. XIV 386f.); H. wird hier davon freigesprochen, daß er die Absetzung des hasmonäischen Königsgeschlechts herbeigeführt habe: die Römer hätten sie vielmehr von sich aus veranlaßt. Diese an sich wenig wahrscheinlichen Reflexionen der Darstellung bei Josephus vorzuziehen (dies tun z. B. Keim 29, A. Reville 2. Bd. 97. 221. [RE:26] Sieffert 762; sie scheinen freilich den Gegensatz zu der Darstellung nicht zu empfinden. Andere entscheiden sich in der Kontroverse nicht; s. aber de Saulcy 84, 2), erscheint mir jedoch unzulässig, und zwar um so mehr als H. sich damals kaum sieben Tage in Rom aufgehalten haben soll (ant. Iud. XIV 387). Daß in dieser kurzen Zeit sogar ein den ursprünglichen Absichten entgegengesetztes Ergebnis zustande gekommen sein soll, trotzdem so verschiedene Faktoren hieran beteiligt waren, erscheint ganz unglaublich. Die Kürze der Zeit legt es vielmehr sogar nahe, daß H. schon vor seinem Eintreffen in Rom für die Verwirklichung seiner Absichten gewirkt haben muß. Bei dieser Annahme würde auch der Aufenthalt in Rhodos, durch den H. seine sonst so eilende Romfahrt unterbricht (bell. Iud. I 280f.; ant. Iud. XIV 377f.), voll verständlich werden; er war offenbar nötig, um die Zeit für vorheriges Sondieren der römischen Kreise zu gewinnen.

Für die Erhebung des H. zum König, die erst ganz gegen Ende des J. 40 v. Chr. erfolgt sein kann (s. Schürer I³ 355, 3, der übrigens den Aufenthalt in Rhodos nicht in Rechnung stellt), sind natürlich – mag auch das Geld und die ganze Persönlichkeit des H. mitgewirkt haben – vor allem politische Gründe maßgebend gewesen. Da man im Begriff war, endlich gegen die Parther vorzugehen, durfte man den Partherfreund Antigonos, überhaupt ein römerfeindliches Regiment in Palästina, nicht dulden. Der einzige noch vorhandene männliche Sproß der anderen Linie der Hasmonäer war noch ein Knabe (die Stellen s. auf S. 38), erschien also schon deswegen als Führer der jüdischen Gegenaktion so wenig geeignet als möglich, während dessen Schwager H. als solcher alle Gewähr bot, die man sich nur denken konnte: persönlich bewährt, enragierter Römerfreund, der ohne Rom machtlos war, also nicht gegen den Stachel löcken konnte, und durch die letzten Ereignisse ein unerbittlicher Gegner des Antigonos und der Parther. Wenn man ihm damals auch den βασιλεύς-Titel verlieh, der durch Pompeius den jüdischen Herrschern entzogen worden war, so mag dies als besonderer Anreiz für H. gedacht gewesen sein; der Titel sollte ihm aber wohl auch sein Durchsetzen gegenüber dem gleichfalls mit dem Königstitel geschmückten Gegner beim jüdischen Volke erleichtern. Man wird auf den βασιλεύς-Titel mit um so leichterem Herzen zurückgegriffen haben, als bei H. infolge seiner Abstammung die Gefahr, daß die Königswürde und das jüdische Hohepriestertum in einer Hand vereinigt werden könnten, ausgeschlossen zu sein schien.


  1. Joseph. bell. Iud. I 269; ant. Iud. XIV 365 spricht davon, daß beide von den Parthern als Gefangene dem Antigonos übergeben worden seien; ant. Iud. XV 12f. kennt dagegen diese Übergabe nicht, und diese andere Auffassung tritt uns sogar auch in § 366 entgegen. Zumal dann später Hyrkanos durchaus als parthischer Gefangener erscheint, haben wir es bei den zwei Angaben also nicht mit einer Ungenauigkeit, sondern offenbar mit zwei Traditionen zu tun, die uns wohl auch bei der Verstümmelung des Hyrkanos entgegentreten – das Ohrenabbeißen paßt gerade zu derjenigen, bei der Hyrkanos niemals Gefangener des Antigonos gewesen ist, sie ist wohl auch die richtigere. Eine dritte Version über das Ende des Phasael wird vertreten durch Iulius Africanus bei Syncell. I 581 ed. Dindorf. Hier fällt Phasael in der Schlacht; sie mag wohl durch bell. Iud. V 162 hervorgerufen sein; vgl. meine Ausführungen in Pauly-Wissowas Realencykl. Bd. VIII S. 1717. s. Hippikos.
Empfohlene Zitierweise:
Walter Otto: Herodes. Beiträge zur Geschichte des letzten jüdischen Königshauses. Metzler, Stuttgart 1913, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otto_Herodes.djvu/034&oldid=- (Version vom 1.8.2018)