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erzürnt über die Ulmer, weil sie seinen Geldforderungen nicht entsprachen, gegen die Stadt an, lagerte sich bei Elchingen, setzte der Stadt mehrere Wochen lang zu, richtete jedoch nichts gegen sie aus. „Die Ulmer sind böse Vögel,“ sagte die Kaiserin, die sich mit dem Sohn Wenzel in dem Lager ihres Gemahls befand, und um die Stadt näher zu sehen, von da aus unter Bedeckung über die Anhöhen weg auf den Michelsberg begeben hatte, dort aber von den Ulmer Büchsenschützen weggetrieben wurde.

Trotz allen diesen und andern Kriegsdrangsalen nahm die Stadt doch fortwährend zu. Der häufige Aufenthalt der Könige und Kaiser in der Stadt, die vielen Reichs- und Hoftage, die sie dort hielten, der Aufenthalt der Schwäbischen Herzoge, für die Ulm in gewisser Art die Hauptstadt war, wie es denn auch, mit seltener Ausnahme, von 1542 an bis zur Auflösung des deutschen Reichs der Sitz des Schwäbischen Kreis-Convents war, die häufigen Fürsten-Versammlungen und der große Zusammenfluß von Menschen überhaupt in der Stadt, dieß Alles und die günstige Lage für Handel und Gewerbe wirkte zusammen, die Stadt zu einer der blühendsten und wohlhabendsten zu machen, so daß es zum Sprichwort wurde: „Ulmer Geld regiert die ganze Welt.“ Ihre schönste Blüthezeit und die Zeit des größten Ansehens hatte sie vom 14. bis 16. Jahrhundert. In dieser Zeit geschah auch nichts von Bedeutung in Schwaben, woran Ulm nicht Theil genommen hätte, kein Bündniß kam zu Stande, dem es nicht beitrat, häufig war es das Haupt, an das sich Andere anschlossen, wohin es sich neigte, zum Krieg oder zum Frieden, gab es den Ausschlag. Mit dem Anfang des 16. Jahrhunderte trat der Wendepunkt seiner Größe ein. Neue Handels- und politische Verhältnisse, das Erwachen der Industrie in andern Ländern, innerer Zwiespalt, die abermalige Änderung der Verfassung und neue schwere Kriegszeiten trugen dazu bei, daß Ulm am Ende des vorigen Jahrhunderts kaum noch ein Schatten mehr von dem war, was es ehemals war. Schwer traf die Stadt insbesondere der unglückliche Ausgang des Schmalkaldischen Kriegs,

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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Ulm. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1836, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Ulm_Seite_138.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)