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Der Ort war ehemals ein Kloster, und zwar ein Dominikaner-Frauenkloster, und hat auch jetzt noch ein klösterliches Aussehen. In dem ehemaligen Gasthause, das von der Zeit, da Löwenthal eine Garnison hatte, auch Offiziers-Gebäude genannt wird, ist jetzt eine Bandfabrik (von Kutter in Ravensburg) eingerichtet, die seidene und wollene Litzen verfertigt, aber schwach betrieben wird. Außerdem hat der Ort 1 Mahlmühle, 1 Ölmühle und 1 Sägemühle. Die Mühlen, so wie sämmtliche übrige Gebäude, sind bürgerliches Privat-Eigenthum, die ganze Ortsmarkung aber ist, mit Ausnahme einiger Morgen Gärten etc., Eigenthum der Königl. Hofkammer; der Flächenraum desselben beträgt 4386/8 Morgen. Früher war Löwenthal auch Pfarrsitz und die Klosterkirche war zugleich Pfarrkirche, im Jahr 1812 aber wurde die Pfarrei aufgehoben. An der Stelle des Klosters stand einst die Burg Aistegen, zuletzt Löwenthal genannt. Sie war die Stammburg eines zu seiner Zeit sehr berühmten und angesehenen adeligen Geschlechts, der Ritter von Aistegen. Zu den Besitzungen des Geschlechts gehörte nicht nur die Burg oder Herrschaft Aistegen, sondern auch die Burg und Herrschaft Baumgarten mit dem ganzen großen Seewald, der noch jetzt an 2000 Morgen mißt, siehe S. 57, und mehrere andere Güter, z. B. Eschach, im Oberamt Ravensburg, Manzell etc. Unter seinen Zeitgenossen ragte vornämlich Dieto von Aistegen hervor. Er war sehr wohl gelitten an dem Kaiserlichen Hofe, besonders auch an dem Hof Friedrichs I., und erscheint daher auch gar häufig in den Kaiserlichen Urkunden. Im Jahr 1153 heirathete er sogar die abgeschiedene Gattin des Kaisers Friedrich, Adelheid, geborne Markgräfin von Vohburg.[1] Dieto war Kaiserlicher Ministerial, und bekleidete, wie schon bei Ravensburg berichtet ist, als solcher auch das Amt eines Kaiserlichen Ministers oder Ammans in Ravensburg. Er nannte sich daher auch manchmal Dieto von Ravensburg. Die Söhne, wenn


  1. Von dieser Heirath sagt von Raumer in seiner Geschichte der Hohenstaufen: Friedrichs I. Gemahlin Adelheid, geborne Markgräfin von Vohburg, war unfruchtbar, und in Hinsicht ihres Wandels vielleicht nicht über allen Tadel erhaben. Beides würde zu einer Trennung von Tisch und Bette genügt, keineswegs aber eine zweite Ehe erlaubt haben; um deßwillen findet sich Verwandtschaftsnähe als Hauptgrund der Scheidung angegeben, welche Kardinal Johann Orsini und mehrere Prälaten im Frühjahr 1153 in Kostnitz aussprachen. Wenn Friedrich die ihm als Heirathsgut zugebrachte Stadt Eger behielt, und Adelheid, die Kaiserin, nachmals einen bloßen Dienstmann, Dieto von Ravensburg, heirathete: so erregt dies allerhand an obige Beschuldigung erinnernde Bedenken.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Tettnang. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1838, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Tettnang_130.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)