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b. Geschichte des Klosters Weingarten.[1]

Über die Zeit der ersten Stiftung Weingartens und den Stifter herrschen zwar abweichende Meinungen; doch darin treffen sie zusammen, daß es seinen Ursprung einem ehemaligen Nonnenkloster verdanke, das Anfangs des 10ten Jahrhunderts ums Jahr 920, in Altdorf auf dem Platze bei der Pfarrkirche stand, und von den alten Welfen gestiftet worden sey. Die erste Vorsteherin und Begründerin des Klosters hieß Irmentrud, nach andern Irmengard, die wir für die Tochter Ulrichs und die Schwester des Gr. Rudolph v. Altdorf halten, welche in den Urkunden ihres Vaters als Äbtissin des Kl. Ahdorf im Turgau (890) vorkömmt.[2] Einige Jahre später stiftete Welf zu Altomünster ein Benediktiner-Manns-Kloster, oder vielmehr erneuerte ein von seinen Voreltern von mütterlicher Seite schon gestiftetes Kloster. Welf II., Graf zu Altdorf, beschloß, das Frauenkloster nach Altomünster, die Benediktiner-Mönche aber von da nach Altdorf zu versetzen. Allein erst sein Sohn Welf III., Herz. von Kärnthen, brachte diese Übersiedlung i. J. 1047 zu Stande. Im J. 1053 brannte das Kloster in Altdorf ab. Herzog Welf, dem diese Stiftung, welche er mit bedeutenden Gütern vermehrt hatte, sehr angelegen war, räumte den Klostergeistlichen sein eigenes Schloß auf dem Martinsberge bei Altdorf ein, und richtete es zu einem Kloster zu, welches, auf einer mit Reben bepflanzten Anhöhe liegend, von da an bald Weingarten, bald Altdorf genannt wurde, bis der letztere Name den erstern verdrängte[3]. Der erste Abt,

  1. Auch dieser Abschnitt ist zum Theil ein Werk des Herrn Dr. v. Vanotti.
  2. Sonst wird die Stiftung des Frauenklosters gemeiniglich dem Welfen Heinrich und seiner Gemahlin zugeschrieben, welche die Eltern des h. Conrad und seiner Brüder gewesen seyn sollen, was freilich Herr v. Vanotti nicht annehmen will. Vergl. S. 71 u. f. Das Stiftungsgut bestand in der sehr reichen Kirche zu Altdorf und in mehreren andern Gütern, welche von den Brüdern Conrads noch ansehnlich vermehrt wurden.
  3. Im Jahre 1090, 15 Junius, stellte der Herzog Welf IV., der das Kloster neuerdings sehr freigebig bedachte, eine Urkunde über die Stiftung des („von meinen Vorfahren begonnenen und von meinem Oheim, dem Herz. Welf, auf den Berg versetzten“) Klosters aus, welche [Anm. S. 151] gemeiniglich die Stiftungs-Urkunde genannt wird. Der Herzog erklärte darin das Kloster von aller Abhängigkeit frei, entsagte für sich und seine Nachkommen aller Gewalt über dasselbe, und übergab es dem Schutz des h. Vaters, Urbans II. Durch eine Bulle Urbans vom letzten Februar 1098 wird das Kloster in den päpstlichen Schutz genommen, und Welf und nach seinem Tode seine Söhne werden als Schutzherren desselben erklärt. In dieser Bulle, so wie in einer spätern von Papst Paschalis vom 5 April 1106, und in der Welfischen Urkunde selbst, werden sämmtliche Besitzungen des Klosters namentlich aufgezählt. Unter den Rechten, welche dem Kloster von dem Herzog Welf verliehen wurden, befand sich insbesondere auch das Recht, in dem Altdorfer Walde Holz aller Art nach Bedürfniß zu hauen und Schweine darin zu weiden, ferner das Eigenthum aller Neugereute, welche das Kloster und seine Leute in dem Wald anlegen. Durch mehrere kaiserl. Urkunden werden später die Besitzungen, Rechte und Freiheiten des Klosters bestätigt: von K. Friedrich dem Rothbart 1153, von seinem Sohne K. Heinrich 1193, von K. Philipp 1197, und so später von Andern.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Ravensburg. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1836, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Ravensburg_150.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)