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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

Auch die Harer, Liebermann u. a. kamen schon im 14. Jahrhundert vor, eine größere Anzahl neuer Namen aber taucht im 15. und 16. Jahrhundert auf, nachdem auch die Zunftgenossen im Rath gerichtsfähig geworden waren. Der erste Döbler (Ulrich) begegnete uns 1443. Zum Schluß sei noch bemerkt, daß auch ein (Nürnberger?) Friedrich Löffelholz zu Gmünd lebte 1296, und daß die Nachkommen der Haggen von Rosenstein, die Haggen von Hoheneck, zuletzt in mehreren Generationen zu Gmünd lebten, wo noch ein Grabstein Kaspars H. v. H. † 1501 zu sehen ist; sie verkauften ihr Haus 1502 an H. v. Wellwart.

Neben den eigentlichen Bürgern lebte aber noch eine untergeordnete, ursprünglich jedenfalls unfreie Menge von Ackerbauern oder Tagelöhnern und Handwerksleuten, welche in der kaiserlichen Stadt frühe zu persönlicher Freiheit gelangten, und von welchen die Handwerksleute zu Zünften sich verbanden und dadurch entschiedene politische Bedeutung gewannen, ja allmählich das Stadtregiment in ihre Hände bekamen.

Die gewöhnliche Darstellung der Verfassungsgeschichte Gmünds lautet: 1284 wurde die vorherige aristokratische Verfassung umgestürzt, der Stadtadel größtentheils vertrieben, und das gemeine Volk übte das Regiment durch seine erwählten Bürgermeister. Bald aber riß der Adel das Regiment nochmals an sich, bis die Bürger 1462 sich wieder auflehnten und beschlossen, die Bürgermeister fortan aus den Zunftmeistern zu wählen, was geschah, bis Karl V. 1552/56 die Verfassung Gmünds durch kaiserlichen Befehl änderte.

Das alles ist unrichtig. Zu Gmünd, wie in ähnlichen hohenstauffenschen Städten, stand an der Spitze des ganzen Gemeinwesens ein Beamter des Oberherrn, der Schultheiß. Er hielt das Gericht mit Schöffen aus den ritterlichen und mittelfreien Familien, und er besorgte auch die Verwaltung der gemeinschaftlichen (materiellen) Angelegenheiten in Gemeinschaft mit untergeordneten Officianten und bei besonderen Angelegenheiten unter Beiziehung der Gesamtgemeinde. Je mehr aber die Stadt aufblühte, je verwickelter die Verhältnisse wurden, je mehr Industrie und Handel Berücksichtigung forderten, desto weniger genügte die Verwaltung des herrschaftl. Schultheißen, und nicht eine Vertreibung des Adels, eine demokratische Revolution war es, sondern ein Sieg der bürgerlichen Selbstverwaltung über die Bureaukratie des herrschaftlichen Schultheißen, als die Erwählung eines Stadtraths, eines verwaltenden Collegiums mit dem Bürgermeister an der Spitze, durchgesetzt wurde vor 1284, in welchem Jahr der (unbekannt wann?) zuerst gewählte Bürgermeister starb. Sein Grabstein ist das einzige urkundliche Denkmal über dieses Ereigniß. Bekannte Bürgermeister sind außer den in gedruckten Verzeichnissen aufgeführten z. B. Sifrid vom Steinhaus 1293, das ist wohl auch der Sifrid 1297; Walther Wolf 1296; Walther v. Rinderbach

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Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_244.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)